Folge 6: Open Educational Resources

The Future is Open Science – Folge 6: Offene Bildungsmaterialien

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Hinweis: Diese Folge wurde bereits im August 2020 aufgezeichnet.

Dr. Doreen Siegfried
Leitung Marketing und Public Relations, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Dr. Tamara Pianos
Produktmanagerin für das Fachportal EconBiz und Leiterin der Abteilung Informationsvermittlung in der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

[00:00] Doreen Siegfried:
Willkommen bei The Future is Open Science, dem Podcast der ZBW. Hier verraten Ihnen interessante Menschen aus dem Wissenschaftsbetrieb, wie sie in ihrer täglichen Arbeit Open Science voranbringen. Wir tauchen ein in die Tiefen der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter und verraten Ihnen handfeste Tipps und Tricks zu Open Science in der Praxis. Ich bin Doreen Siegfried und freue mich sehr, Host dieses Podcast zu sein.

[00:00:33-1] Doreen Siegfried:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „The Future is Open Science“, dem Podcast der ZBW. Ich freue mich sehr, dass Sie eingeschaltet haben und ich sitze hier heute zusammen mit einer Kollegin, die ich schon ganz lange nicht mehr live gesehen habe. Deshalb freue ich mich besonders. Und wir reden heute über offene Bildungsmaterialien, über Skills für interaktive Open Educational Resources und auch über die Chancen, was passiert, wenn Lernmaterialien geteilt werden. Und zwar reden wir heute oder ich rede heute mit Dr. Tamara Pianos. Ich freue mich, dass du da bist Tamara.

[00:01:16-4] Tamara Pianos:
Danke, ich auch.

[00:01:18-9] Doreen Siegfried:
Ich stelle einmal ganz kurz unseren Gast vor: Tamara ist Produktmanagerin für das Fachportal EconBiz und leitet in der ZBW die Abteilung Informationsvermittlung. Und das ist natürlich das, was ich so den Visitenkartentext nenne. Was alles nicht mehr auf die Visitenkarten passt, was aber natürlich Tamara ausmacht, ist, dass sie eine große Generalistin ist, sie hat eine naturwissenschaftliche, philologische und bibliothekswissenschaftliche Ausbildung. Sie ist permanent zwischen unterschiedlichen Fachdomänen unterwegs, die da heißen Informationstechnik, Bibliothek und Wirtschaftswissenschaften. Sie hält regelmäßig Vorträge und gibt Workshops auf nationalen und internationalen Konferenzen der wichtigsten internationalen Bibliotheksverbände. Und natürlich eine Auskennerin wenn’s um offene Bildungsmaterialien geht.

[00:02:17-4] Doreen Siegfried:
Tamara, seit dem Lockdown Mitte März, also jetzt wirklich ein halbes, seit einem halben Jahr findet Bildung größtenteils digital statt. Sei es an den Universitäten, an den Schulen oder auch bei der Weiterbildung, im Beruf. Gibt es jetzt den großen Run auf offene Bildungsmaterialien?

[00:02:40-1] Tamara Pianos:
Ob es den großen Run gibt, kann man tatsächlich, glaube ich, nicht sagen. Oder ich kann es zumindest nicht sagen. Das Thema ist jedenfalls sehr präsent und wir bekommen auch viele Mails und Anfragen rund um das Thema. Wobei das nicht immer das Label OER dann hat oder offene Bildungsressourcen, sondern oft ganz konkrete Anfragen zu einzelnen Themen. Und was wir auf jeden Fall sehen können, ist, dass gerade auch im März, April der Zugriff auf unsere Onlinedienste nochmal extrem angestiegen ist.

[00:03:13-1] Doreen Siegfried:
Hm. Vielleicht für alle Zuhörerinnen und Zuhörer da draußen, die jetzt mit dem Begriff Open Educational Resources, offene Bildungsmaterialien noch nicht so richtig was anfangen können. Kannst du das vielleicht nochmal erklären? Also reicht es, wenn ich ein PDF habe oder eine Powerpoint Präsentation und da einfach ein CC-BY ranhefte? Oder was ist OER, wie funktioniert das?

[00:03:35-0] Tamara Pianos:
Also, das wird prinzipiell sehr, sehr unterschiedlich interpretiert von verschiedenen Leuten. Also ob jetzt einfach eine Excel Tabelle, die ich ins Netz stelle, sage das ist ein OER oder nur, wenn Dokumente ganz bestimmte Kriterien erfüllen. Also es gibt von der UNESCO eine Definition, was sind Open Educational Resources? Dazu gibt es auch eine deutsche Übersetzung. Und da drin heißt es dann, jegliche Arten von Lehr-, Lernmaterialien, die gemeinfrei und mit einer freien Lizenz bereitgestellt werden. Das ist also sehr wichtig, weil viele Leute stellen ja ihre Sachen ins Netz und denken, das können ja jetzt alle nachnutzen. Aber wenn da keine Lizenz dranhängt, dann dürfen, strenggenommen, die Leute das nicht einfach so nachnutzen. Und das ist also schon mal die erste Hürde. Und ja, in dieser UNESCO-Definition geht es dann eben auch darum, legal und kostenfrei vervielfältigen zu dürfen, verwenden, verändern und verbreiten. Und dass OER eben entsprechend umfassen Lehrbücher, Lehrpläne, Lehrveranstaltungskonzepte, Skripte, Aufgaben, Tests, Projekte, Audio, Video und Animationsformate. Also, es ist prinzipiell sehr breit, aber es geht halt immer darum, dass man es wirklich auch anpassen und verändern darf. Und in der reinen Lehre geht es dann auch oft darum, zu sagen, es muss auch eine komplett freie Plattform sein, sodass ich wirklich alles anfassen kann. Also dann wäre ein YouTube-Video nach dieser Definition halt kein OER. Ich würde es aber nicht so streng sehen wollen, weil dann eben auch ganz viel wiederum rausfällt, was man potenziell nachnutzen könnte oder auch eine Powerpoint Präsentation. Wenn jetzt Powerpoint, eigentlich ein kommerzielles Produkt ist, aber trotzdem, wenn es dann entsprechend bereitgestellt ist zur Nachnutzung, dann würde ich sagen, handelt es sich trotzdem um OER.

[00:05:42-1] Doreen Siegfried:
Ja, okay, verstehe. Also ist sozusagen das Lizenzthema ganz wichtig. Und, wo finde ich denn so was? Also, wenn ich jetzt sagen würde, okay, ich muss jetzt ein Seminar vorbereiten oder was auch immer. Und ich muss jetzt nicht zum 87. Mal Einführung ins Marketing mir aus irgendeinem Lehrbuch raussuchen für ein Erstsemester, für eine Erstsemesterveranstaltung, sondern ich nutze jetzt einfach mal Sachen von Anderen. Wo finde ich das? Hast du da vielleicht ein paar Tipps?

[00:06:14-5] Tamara Pianos:
Ja, habe ich. Aber insgesamt muss ich sagen, das ist leider noch nicht so ganz einfach.

[00:06:19-9] Doreen Siegfried:
Ach schade.

[00:06:20-2] [beide lachen]

[00:06:20-7] Tamara Pianos:
Also, es ist wirklich, wirklich schwierig, wenn man ganz gezielt irgendetwas sucht, wo und wie man das finden kann. In Deutschland gibt es Materialien, zum Beispiel auf Open Educational Resources.de, und es gibt auch ein OER-Camp. Das hat verschiedene Materialien bereitgestellt, auch entsprechende kurze Videos, die erklären zu unterschiedlichen Themen. Und da ist eben auch eins dabei, so die Top100 Suchtools.

[00:06:53-2] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:06:53-7] Tamara Pianos:
Für OER. Und da auch genannt ist zum Beispiel eben das OER-Hörnchen, was eine eingeschränkte Suche, Google Suche quasi, die nur in bestimmten Domänen dann sucht, sodass man da auch wirklich ganz gute OER finden kann. Das Gleiche gilt auch für die Expertensuche in Google, wenn man da entsprechend auf die erweiterten Suchmöglichkeiten geht und die Nutzungsrechte einschränkt. Aber es ist immer wieder so, wenn man wirklich ganz gezielt etwas sucht, findet man es oft nicht. Oder man findet dann doch auch Sachen, die doch am Ende nicht wirklich frei sind oder es gibt da immer Einschränkungen. Es gibt auch tolle Angebote von einzelnen Einrichtungen, sowas wie Hamburg Open Online University, die TIB hat das AV-Portal, wo Videos bereitgestellt werden. Einzelne Uni, TU Darmstadt oder auch Ruhr-Uni Bochum haben tolle Sachen ins Netz gestellt, teilweise schon vor langer Zeit. Es gibt für Schulen Sachen, es gibt international OER Commons, aber es ist bei all diesen einzelnen Angeboten sehr, sehr schwierig, wenn man ein Arbeitsblatt für ein Thema sucht, genau das wirklich auch zu finden.

[00:08:16-9] Doreen Siegfried:
Okay. Aber man kann dann zumindest irgendwie sich Bausteine raussuchen und sagen okay, ich will die – bleiben wir mal beim Thema Lehrveranstaltungen – ich will das Thema vermitteln und Baustellen eins und fünf muss ich mir selber ausdenken. Aber zwei, drei und vier kann ich da gegebenenfalls mir aus anderen Materialien zusammensuchen.

[00:08:39-3] Tamara Pianos:
Ja also, das ist dann am Ende des Tages wahrscheinlich auch wieder ein bibliothekarisches Thema.

[00:08:43-8] [beide lachen]

[00:08:44-0] Tamara Pianos:
Es hängt dann natürlich an den Metadaten. Nach welchen Begriffen suche ich und hängen die auch irgendwo an diesen Materialien, die ich gerade suche dran? Und habe ich die richtige Plattform ausgewählt, um danach zu suchen, um das auch finden zu können? Also, die Hoffnung wäre, dass solche Projekte wie EduArc da eben zukünftig auch Abhilfe schaffen, dass ich dann eben nicht an fünf verschiedenen Stellen nochmal suchen muss. Aber momentan kann man sehr gut Glück haben und was Tolles gleich finden. Aber manchmal muss man auch länger suchen.

[00:09:14-2] Doreen Siegfried:
Ja okay. Für alle noch mal ganz kurz: EduArc ist gerade ein laufendes Projekt der ZBW, wo es genau darum geht, solche Open Educational Resources aufzufinden. Wenn man sich mal so mit Open Educational Resources beschäftigt, gibt es ja hauptsächlich Bilder, Texte, Audiodateien, Videos. Soweit ich es jetzt überblickt habe, seltener das Ganze als interaktive Tutorials oder gamifizierte Lernangebote. Was denkst du, woran liegt das?

[00:09:49-8] Tamara Pianos:
Also ich denke, dass also zahlenmäßig ist es ganz bestimmt so, wie du sagst. Und ich denke, dass interaktiv und gamifiziert natürlich per se immer relativ arbeitsaufwendig ist. Und dann hat man es gemacht, und dann ist es vielleicht ganz schnell schon wieder veraltet oder eben im Verhältnis zu dem Arbeitsaufwand jedenfalls relativ schnell veraltet. Während ein Arbeitsblatt, was ich vielleicht einfach als Text bereitstelle, wo ich dann nach einem halben Jahr oder Jahr nochmal eine Zahl oder irgendetwas anpasse, da sicherlich sehr viel flexibler ist. Und natürlich auch recht schnell einfach ins Netz gestellt ist, während das andere schon deutlich aufwendiger ist.

[00:10:35-2] Doreen Siegfried:
Ja okay, verstehe. Und welche Rolle spielt – du hattest vorhin schon gesagt, mmh, eigentlich YouTube und so weiter nicht – welche Rolle spielt denn die technische Plattform für interaktive Materialien?

[00:10:49-7] Tamara Pianos:
Also, YouTube eigentlich nicht, habe ich nur gesagt also, das ist, wenn man die reine Lehre, was ist eigentlich OER, verfolgen will. Ansonsten würde ich auf jeden Fall sagen, wenn man ein tolles YouTube-Video findet, ist das ja…

[00:11:01-0] Doreen Siegfried:
Bitte nutzen.

[00:11:01- 3] Tamara Pianos:
…sehr, sehr hilfreich. Genau. Ja, technische Plattform für interaktive Sachen ist halt eben ja, nicht ganz so einfach. Es kommt da eben wirklich darauf an, was man machen möchte. Also, und es ist am Ende des Tages, glaube ich, wichtiger, dass man die richtige Lizenzierung wählt, als dass man entsprechende, also oder dass man sich Gedanken über die Lizenzierung rechtzeitig macht, als dass man über entsprechende technische Plattformen sich zu viele Gedanken im Vorfeld macht.

[00:11:47-3] Doreen Siegfried:
Ja. Wie mache ich das denn mit der Lizenzierung? Oder was ist da denn eigentlich so die große Herausforderung?

[00:11:55-0] Tamara Pianos:
Das Wichtigste ist eigentlich, dass man sich im Vorfeld, dass man das alles im Vorfeld klärt. Also wenn man jetzt Materialien zusammenträgt und dann hat man einen Screenshot hier, da sind irgendwie Personen drauf. Da ist noch ein Logo von irgendeinem Anbieter drauf. Dann hat man das alles schön zusammengebastelt und dann stellt einem, fällt man, stellt man am Ende fest, Mist, das kann ich, also das muss ich erst einmal klären. Darf ich das verwenden? Unter welcher Lizenz darf ich das bereitstellen? Ich kann ja nicht irgendwie die Logos von irgendwelchen Firmen wieder zur freien Nachnutzung bereitstellen. Und da denke ich, kann man sich sehr viel Ärger ersparen, wenn man da gleich am Anfang, wenn man die Materialien sammelt, darauf achtet, dass man wirklich nur Bilder, wenn man Bilder braucht und Bilder haben möchte, Bilder benutzt wo sicher ist, die darf ich benutzen. Da sind nicht noch Personen drauf, die ich nochmal fragen muss, die ich vielleicht nicht mehr finde, weil es mal ein Hiwi war vor ewigen Zeiten oder sowas. Das, ja. Also, dass man das auf jeden Fall klärt.

[00:13:07-6] Doreen Siegfried:
Und wenn ich mir jetzt vorstelle, so Leute, die einfach jetzt guten Willens sind und sagen, okay, ich habe jetzt hier ein Video gemacht oder ich habe jetzt hier tatsächlich irgendwie so ein Lehrbuch verfasst und möchte das offen, als offenes Bildungsmaterial online stellen. Wo kann man sich denn da Hilfe holen bei diesen ganzen Lizenzen? Muss man da immer die Rechtsabteilung konsultieren?

[00:13:31-7] Tamara Pianos:
Also, wir haben das bei uns hier gemacht. Wir haben nun das Glück, dass wir eine Abteilung haben, wo Leute sitzen, die sich damit auskennen. Und das denke ich, ist eben sehr wichtig. Es gibt natürlich auch einige ganz gute Webseiten, wo dann entsprechende Hilfestellungen da sind oder eben einfach noch besser ist es wahrscheinlich, man schränkt gleich die Suche für die Materialien, die man verwenden möchte, darauf ein, dass die entsprechende Lizenzen haben. Da muss man dann nur darauf achten, dass man nicht unterschiedliche Lizenzen mischt. Jedenfalls nicht, wenn man hinterher die freiestmögliche Lizenz selber vergeben möchte. Und hat sich Materialien zusammengesammelt, wo vielleicht einzelne Einschränkungen drauf sind, zum Beispiel eben nichtkommerzielle Nutzung oder dass die kommerzielle Nutzung ausgeschlossen ist. Und man selber will am Ende das Ganze bereitstellen mit ganz offener Lizenz. Dann kann man natürlich nicht einzelne Bausteinchen da drin haben, die das entsprechend ausschließen, die zwar prinzipiell frei nutzbar sind, aber nicht für kommerzielle Nutzung zum Beispiel.

[00:14:42-9] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Nochmal dieses ganze Lizenzthema. Also, du hast ja mit deinem Team vor einiger Zeit das Academic Career Kit gebaut, nenn‘ ich es jetzt mal. Kannst du das vielleicht nochmal erklären, was es damit auf sich hat und wie ihr da mit diesem ganzen Thema Lizenzierung umgegangen seid?

[00:15:05-5] Tamara Pianos:
Also wir hatten bei dem Academic Career Kit am Anfang überlegt, welche Themen wir abdecken wollen und wie wir das realisieren wollen. Und wir hatten eben auch überlegt, dass es komplett frei sein soll von der Plattform, sodass es beliebig angepasst werden kann und nachgenutzt werden kann. Und dazu wurde uns dann die Plattform H5P empfohlen. Die auch eben, also ich habe das nicht selber gemacht, das hat eine Kollegin gemacht, aber die sagte, dass prinzipiell war der Umgang damit ganz gut und ganz geschmeidig. Das hat soweit gut geklappt. Aber trotzdem waren wir hinterher wieder schlauer als vorher, weil wir eben genau diese Lizenzsachen dann noch wieder auf die harte Tour quasi lernen mussten, weil eben natürlich Screenshots da drin sind. Und dann hat die Kollegin eben, nun hatten wir das Glück, dass wir eine Rechtsabteilung haben, wo man dann immer noch einmal fragen kann und dann ja dann doch noch mal einen anderen Screenshot oder einen anderen Ausschnitt wählen kann, um eben klarzustellen, okay, jetzt können wir es so, wie es ist, auch wirklich teilen.

[00:16:16-9] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und wenn jetzt andere Einrichtungen dieses Academic Career Kit nachnutzen wollen, was können sie da machen? Also, wo finde ich das? Und was kann ich damit tun, wenn ich das tatsächlich verändern will, nachnutzen, wie auch immer?

[00:16:31-7] Tamara Pianos:
Also das ist auf unseren EconBiz-Seiten unter „Wissenschaftlich Arbeiten“ entsprechend verlinkt und da finde ich das. Und da drunter sind auch jeweils die Angaben, wie man das weiterverwenden kann. Und man kann es in eigene Angebote einbinden oder eben indem man selber H5P nutzt, das entsprechend weiter verwenden. Wir hatten uns allerdings gefragt, ob das vielleicht doch auch wieder für viele eine Hürde ist. Selbst wenn man für H5P keine Programmierkenntnisse braucht, muss man sich ja doch mit einer neuen Plattform irgendwie wieder auseinandersetzen. Und die Kollegin hat deshalb die Sachen nochmal auch als PowerPoint-Folien und als PDFs bereitgestellt. Weil man dann eben – mit Powerpoint können die meisten halt eben was anfangen. Und dann ist es eben deutlich einfacher zu sagen, okay, dieses Modul hat jetzt hier 30 Folien, ich brauche aber eigentlich nur diese fünf. Dann kopiere ich mir die raus und mach damit, was ich will. Das also haben wir jetzt gerade erst gemacht, deswegen haben wir noch keine Erfahrung zur Nachnutzung. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das halt eben ja deutlich einfacher doch am Ende ist, als eben sich wieder mit einer neuen Plattformen auseinanderzusetzen.

[00:17:49-1] Doreen Siegfried:
Okay, also gibt es halt einfach verschiedene Materialien oder Formen, besser gesagt, mit denen ich das nachnutzen kann. Ja, also, liebe Hörerinnen und Hörer, wir packen natürlich die Links alle in die Show Notes. Probieren Sie das mal aus, würde uns natürlich interessieren, was Sie, ob Sie ein Super Crack sind und das im Original nachnutzen oder eher als Powerpoint-Präsentation.

Du hast gerade schon gesagt, okay, ich brauche dafür jetzt nicht unbedingt Programmierkenntnisse, aber wie steht es denn generell so um das Thema Programmierkenntnisse für interaktive Lerninhalte? Wie fit muss ich da sein?

[00:18-29-9] Tamara Pianos:
Also, um jetzt… Also ich hab‘ das nicht selber gemacht mit dem H5P, aber die Kollegin sagte, dass man dafür keine Programmierkenntnisse braucht. Also das ist kein Problem. Bei H5P zum Beispiel ist jetzt aber das Ding, dass das nicht oder zumindest zu der Zeit, als wir das gemacht haben, noch nicht stand alone funktionierte. Man braucht da also entweder eine Moodle-Umgebung oder ein WordPress Blog oder ähnliches, wo man dann auf diese Instanz das Ganze aufsetzen konnte oder Drupal geht auch. Das sind alles Umgebungen, wovon in vielen Häusern schon was vorhanden ist, sodass man das dort einfach aufsetzen kann. Und man braucht dann keine Programmierkenntnisse, aber man muss sich eben doch ein bisschen damit beschäftigen.

[00:19:13-8] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und wieviel juristisches Know-how brauche ich, wenn ich jetzt verschiedene Materialien unter verschiedenen Lizenzen mischen möchte?

[00:19:23-7] Tamara Pianos:
Oh Gott, also, das würde ich glaube ich lassen.

[00:19:26-6] [beide lachen]

[00:19:28-9] Tamara Pianos:
Im Zweifelsfall viel oder man muss eben wirklich im Vorfeld so diszipliniert schon gleich Sachen nur nutzen, die man eben entweder selber komplett erstellt hat, wo man sich sicher ist, hier habe ich wirklich alle Rechte da dran und hab nicht noch irgendeinen Menschen auf der Straße fotografiert, den ich nochmal fragen müsste, ob das okay ist. Dann kann ich es vielleicht auch ohne rechtliche Beratung gut durchstehen. Und ich weiß eben auch nicht, wie da jetzt, also ob man sofort verklagt wird, wenn man irgendwas bereitstellt. Das würde ich auch bezweifeln. Aber ich glaube, man ist auf der sicheren Seite, wenn man entweder wirklich ganz freie Sachen zusammenstellt oder noch mal jemanden fragt, der sich damit auskennt, ob da noch irgendwo ein Problem sein könnte.

[00:20:22-0] Doreen Siegfried:
Ich meine, generell kann es ja nicht schaden, sich so ein bisschen mit Bildrechten, überhaupt mit Lizenzen mal zu beschäftigen. Gibt es ja auch im Netz genug Informationen dazu. Wenn ich jetzt tatsächlich wirklich willens bin, wenn ich sage okay, ich habe mir jetzt das Ganze juristische Know-how raufgeschafft beziehungsweise bin da so sensibel, dass ich ungefähr weiß, wie’s geht. Ich bin jetzt voll die gute Programmiererin. Wie erstelle ich denn einen guten Plan, wenn ich jetzt eine solche offene Ressource bauen möchte? Also was muss da ganz am Anfang stehen? Es ist das Thema Lizenzen oder wie würdest du das beschreiben?

[00:21:07-6] Tamara Pianos:
Also Lizenzen sind eben definitiv wichtig. Also da kann man sich auf jeden Fall viel Ärger ersparen, wenn man sich da einmal Gedanken zu gemacht hat. Ansonsten auf jeden Fall vielleicht auch mal zu gucken, gibt es zu dem Thema vielleicht schon etwas, was ich anpassen kann? Das ist ja eigentlich die Grundidee des Ganzen, das man es weiterverwenden kann und man vielleicht nicht jedes Mal das Rad auch neu erfinden muss. Und dann je nachdem, was ich wie bereitstellen möchte. Also, wenn ich jetzt ein Arbeitsblatt, was ich ohnehin als Text habe, einfach so bereitstelle, dann ist es ja nicht viel Arbeit, das bereitzustellen. Aber wenn ich wirklich etwas Größeres machen möchte, sollte ich mir schon Gedanken dazu machen, wie schnell die Inhalte möglicherweise veralten, die ich dort präsentieren will. Also benutze ich ganz viele Zahlen, von denen klar ist, dass die in zwei, drei Jahren unglaublich veraltet sind und mache dafür jetzt ein sehr aufwendiges YouTube-Video oder sowas dann, oder nicht YouTube-Video, sondern überhaupt ein Video, was ich vielleicht auf YouTube oder irgendwo anders einstelle. Da würde ich mir im Vorfeld Gedanken dazu machen, wie das im Verhältnis steht.

[00:22:25-5] Doreen Siegfried:
Ja. Was ich mich da noch frage, wenn ich tatsächlich als Ersturheberin was in Umlauf bringe, jemand anders das dann irgendwie verändert und so weiter. Wie ist das denn mit der Quellenangabe? Steht dann da irgendwie: Folie eins und zwei sind von Doreen Siegfried, Folie drei habe ich verändert und Folie vier, die habe ich mir noch von irgendwo anders geholt. Also muss ich das irgendwie immer vermerken, von wem da der Originalgedanke kommt?

[00:22:58-1] Tamara Pianos:
Also das ist, denke ich, auch wieder eine Frage der jeweiligen Lizenzierung. Also ob das eben komplett frei verwendet werden kann, dann brauche ich auch keine Quellenangabe zu machen. Aber wenn da eben steht, dass es eben unter Angabe der Autorenschaft verwendet werden muss, dann, ja, muss ich das prinzipiell machen. Wenn ich das Ganze dann mische, dann wird es natürlich schwierig. Und dafür bin ich auch nicht Juristin genug, um zu sagen, also, gerade, ich meine, wenn man einzelne Folien hat, kann man sich das ja noch vorstellen, dass man da eben dann sagt okay, Folie drei von Doreen Siegfried, Folie sieben von jemand anderem. Aber wenn das irgendetwas Bewegteres ist oder was Interaktiveres, dann kann ich höchstens, denke ich, unter das Gesamtdokument am Ende nochmal schreiben, von wem ich mir das zusammengesammelt habe. Von welchen zwölf Quellen oder so.

[00:24:01-8] Doreen Siegfried:
Okay. Also das heißt als Autorin, als die Person, die sozusagen das erste Mal sowas in Umlauf bringt, benutze ich denn wahrscheinlich am besten so eine Lizenz, wo mein Name nicht genannt werden muss. Dann bin ich fein raus und keiner kann sagen nach zehn Jahren, Frau Siegfried, da haben Sie aber was irgendwie online, das ist ja gar nicht mehr aktuell. Ich glaube, das ist Sorge von vielen, oder?

[00:24:27-3] Tamara Pianos:
Das wird man wahrscheinlich nie ganz vermeiden können. Aber dafür ist es eben bei offenen Materialien halt. Ja. Da muss man dann damit leben, dass es nachgenutzt wird…

[00:24:42-79 [beide lachen]

[00:24:43-1] Doreen Siegfried:
Ja, das ist ja Sinn und Zweck.

[00:24:45-4] Tamara Pianos:
Und selbst wenn ich sage, mein Name muss nicht genannt werden, kann ja jemand denken: das ist total nett, wenn ich den Namen da noch mit reinschreibe.

[00:24:50-8] Doreen Siegfried:
Ja, stimmt.

[00:24-50-9] Tamara Pianos:
Und dann stehe ich da nach zehn Jahren und denke, oh Gott, das habe ich vor zehn Jahren gesagt. Also, das Restrisiko bleibt dann wahrscheinlich.

[00:25:04-1] Doreen Siegfried:
No risk, no fun.

[00:25:05-5] [beide lachen]

[00:25:07-8] Doreen Siegfried:
Nochmal zum Thema jetzt speziell, wenn wir uns jetzt mal die Wirtschaftswissenschaften angucken. Also in Deutschland belegen laut Hochschulstatistik des Statistischen Bundesamtes 2018 über 400.000 Studierende Fächer im Bereich Wirtschaftswissenschaften. Also knapp eine halbe Million. Die meisten Studierenden, also ungefähr 235.000 gibt es im Fach BWL. So, wenn ich mir jetzt diese Riesenmenge an Studierenden angucke, die jetzt in Corona-Zeiten und später vermutlich auch noch in der digitalen Lehre mit Lerninhalten versorgt werden, könnte man ja auf die Idee kommen, dass sich da vielleicht mal drei Leute hinsetzen und mal so Standardmaterialien machen. Hast du hier im Sommersemester schon Bestrebungen beobachten können, dass es so etwas wie Standardvorlesung oder Standardübung oder Standardtutorials oder sowas gibt? Dass sowas geteilt wird, dass sowas nachgenutzt wird?

[00:26:16-7] Tamara Pianos:
Also, gesicherte Zahlen oder Informationen habe ich dazu nicht. Ich kann eben so ein paar quasi anekdotische Evidenzdinge zusammentragen.

[0026:24-6] Doreen Siegfried:
Ja, erzähl mal.

[00:26:26-8] Tamara Pianos:
Also auf jeden Fall wurden Sachen ins Netz gestellt, auch schon sehr viele, auch nicht erst jetzt, schon vor vielen Jahren.

[00:26:32-8] Doreen Siegfried:
Ah, ja.

[00:26:33-1] Tamara Pianos:
Teilweise wurden entsprechende Videos, aber auch andere Materialien bereitgestellt. Und wir haben Nachfragen bekommen, natürlich jetzt in der Corona-Zeit von Lehrenden, die jetzt ganz schnell umsteigen mussten, plötzlich von einem Tag auf den nächsten auf hybrid oder auf komplett digital, ob wir da nicht entsprechende Materialien haben und oder auch Unterstützung. Es gibt eben definitiv im Netz gute Materialien. Es gibt eben zum Beispiel von Deniz Preil von der Uni Augsburg eine Spieltheorie- Vorlesung, wo die einzelnen Vorlesungen auf YouTube zur Verfügung stehen und auch teilweise einige tausend Mal angesehen wurden. Nur weiß ich jetzt natürlich nicht, solche großen Vorlesungen haben natürlich schon viele Studierende, die sich das angucken. Und sind das dann die eigenen Studierenden? Sind das auch die eigenen Studierenden, die vielleicht zweimal reingucken, weil sie nochmal was nachgucken wollen? Oder sind da, ist das auch ein Anzeichen dafür, dass das auch weiter nachgenutzt wird? Das ist natürlich auch bei Videos, die auf Plattformen wie YouTube zum Beispiel bereitgestellt werden. Da hat man ja auch noch die Zahlen und kann sehen, okay, das ist jetzt einige hundert, einige tausend einige 10.000 Mal angeklickt worden. Bei anderen Materialien ist das natürlich deutlich schwieriger. Und das ist ja auch die Idee davon, dass das Leute das einfach nachnutzen können, ohne, dass das jetzt noch irgendwo registriert werden muss, dass ich das nachgenutzt habe und dass ich das …

[00:28:16-6] Doreen Siegfried:
Ich kann das einfach anonym gucken, ja. [lacht]

[00:28:18-2] Tamara Pianos:
…mit 50 Leuten genutzt habe oder mit 500. Und von daher ist das denke ich, einfach sehr, sehr schwierig, da konkret zu sagen, es sind jetzt soundso viel Materialien, schon soundso oft nachgenutzt oder angesehen worden. Und ja, zumindest kann man sagen, dass aktuell sehr viel ausprobiert und experimentiert wird. Und dass man eben dadurch auch schon viele Sachen finden kann. Es gibt aber auch Stimmen von Lehrenden, die halt sagen, sie haben ja einen persönlichen Bezug zu ihren Studierenden. Und wollen dann eben nicht nur hier so nach dem Motto: ja, ich gebe euch mal drei Links von irgendwelchen anderen Leuten rein. Guckt euch das mal an, wir sehen uns in einem halben Jahr wieder. Dass das dann schon lieber interaktiver und persönlicher gestaltet sein muss. Andererseits sagen eben auch viele Leute, dass sie große Vorlesungen, wo man in einem Hörsaal sitzt, mit 500 oder 1.000 oder mehr Studierenden, dass sie die auch nicht wirklich vermissen. Und dass man die eigentlich genauso gut als Video bereitstellen kann und dann lieber Zeit und Energie in interaktive Formate stecken kann.

[00:29:37-5] Doreen Siegfried:
Ja, ja. Aber das wäre ja im Prinzip ja eine Chance auch generell für die Lehre, dass man sagt, okay, Standardvorlesungen, tatsächlich Vorlesungen, wo ich nur konsumiere, die kann ja, wenn das gut gemacht ist, irgendwer machen. Hauptsache, es ist irgendwie didaktisch einwandfrei, unterhaltsam und gut. Und ich kann die Zeit tatsächlich nutzen für interaktive Geschichten, für Gespräche, für Diskurse, um Sachen mal zu besprechen, um tatsächlich auch einen Dialog zu haben mit meinen Studierenden.

[00:30:16-4] Tamara Pianos:
Auf jeden Fall. Ich meine, das hängt sicherlich dann von der eigenen Persönlichkeit auch ab. Und auch, ob man dann sagt, ach toll 90 Prozent von diesem Video gefallen mir. Aber dann sagt er oder sie da irgendwas, was mir überhaupt nicht passt, was mach ich denn dann? Das kann ich ja dann eben schlecht rausschneiden und da dann meinen eigenen Kommentar nochmal unterbringen. Von daher gibt es wahrscheinlich einige Hemmnisse. Aber im Grunde fände ich das ja, sehr, sehr sinnvoll, dass man solche Massenprodukte quasi gut gemacht nachnutzen kann. Und dann die Energie in anderen Formate stecken kann.

[00:30:51-5] Doreen Siegfried:
Ja, wo es denn tatsächlich auch drauf ankommt.

Generell hast du irgendwie einen Überblick darüber, welche Rolle Open Educational Resources in den Wirtschaftswissenschaften derzeit spielen? Ist das noch so ein kleines Pflänzchen oder…?

[00:30:10-7] Tamara Pianos:
Auch das ist eigentlich im Prinzip schwer zu sagen. Also potenziell sicherlich eine sehr große Rolle, gerade eben bei den großen und auch eher standardisierten Inhalten kann man ja dann leichter mal etwas nachnutzen. Was ja eben wirklich ganz konkrete Nachnutzung angeht oder auch das Potenzial von einzelnen Angeboten, ist das eben wieder das alte Problem: einerseits ist das Label OER, hängt nicht überall dran und man kann dadurch schwer beziffern, wer hat jetzt eigentlich was genutzt? Es gibt halt einzelne Projekte, die auch eben in ihren Feldern jeweils recht erfolgreich zu sein scheinen. Also es gibt in Großbritannien das CORE Econ-Projekt, wo sie eben Open Access einzelne modulare Texte zu Themen bereitstellen. Und also das ist nicht nur aus Großbritannien, da sind mehrere daran beteiligt. Und ja, solche Projekte, denke ich, die dann eben auch entsprechend gelabelt sind, welche Unis oder welche Forschenden dahinterstecken, stehen sind dann ja sicherlich auch etwas mehr zur Nachnutzung motiviert, als wenn ich jetzt irgendetwas finde und muss dann erst einmal ganz genau gucken, wo kommt das überhaupt her? Hat das irgendjemand einfach ins Netz gestellt, sind da inhaltliche Fehler drin oder was auch immer. Das kann ich mir natürlich, je mehr Vertrauen ich in die Quelle habe, kann ich mir natürlich manche von diesen Prüfungen schenken.

[00:32:58-0] Doreen Siegfried:
Ja, ja, das spart ja dann auch wieder Zeit am Ende des Tages. Ja, okay. Ja, letzte Frage. Also wenn sich jetzt unsere Hörerinnen und Hörer für das ganze Thema Open Educational Resources interessieren, wenn sie das Thema für sich entdeckt haben: was wären jetzt deine drei Tipps für die tägliche Praxis? So wirklich so für Neueinsteiger.

[00:33:24-0] Tamara Pianos:
Also als erstes würde ich mal gucken, gibt es schon etwas Tolles zu meinem Thema. Was ich vielleicht nachnutzen kann oder was ich mir immer genauer angucken kann. Als zweites würde ich sagen, einfach mal ausprobieren, einfach mal machen. Aber das immer unbedingt verbunden mit drittens, vorher die Rechte klären und gucken, muss ich mir darüber Gedanken machen? Sind da Bilder drin, muss ich die Lizenzen klären?

[00:33:54-9] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Also herzliche Einladung an alle da draußen, die jetzt sagen: wow, ich mache das jetzt einfach mal. Ich probiere das aus.

Vielen Dank Tamara und vielen Dank auch da draußen. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen. Lassen Sie uns gerne Feedback da. Und abonnieren Sie uns natürlich recht fleißig auf iTunes oder Spotify. Und ich freue mich aufs nächste Mal!