Folge 4: Open Access

The Future is Open Science – Folge 4: Open Access

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Hinweis: Diese Folge wurde bereits im August 2020 aufgezeichnet.

Dr. Doreen Siegfried
Leitung Marketing und Public Relations, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

Olaf Siegert
Open Access-Beauftragter und Leitung der Abteilung Publikationsdienste in der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

[00:00] Doreen Siegfried:

Willkommen bei The Future is Open Science, dem Podcast der ZBW. Hier verraten Ihnen interessante Menschen aus dem Wissenschaftsbetrieb, wie sie in ihrer täglichen Arbeit Open Science voranbringen. Wir tauchen ein in die Tiefen der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter und verraten Ihnen handfeste Tipps und Tricks zu Open Science in der Praxis. Ich bin Doreen Siegfried und freue mich sehr, Host dieses Podcast zu sein.

[00:00:33-0] Doreen Siegfried:
Willkommen zu unserem Podcast „The Future is Open Science“. Mein Name ist Doreen Siegfried und ich begrüße heute hier Olaf Siegert. Olaf Siegert ist Ökonom und Bibliothekar und vor allem Open Access-Beauftragter der ZBW. Er ist aktiv in zahlreichen nationalen und vor allem internationalen Arbeitsgruppen im Kontext Open Access. Und er leitet in der ZBW die Abteilung Publikationsdienste. Herzlich willkommen Olaf.

[00:01:04-1] Olaf Siegert:
Ja hallo, hallo Doreen.

[00:01:06-0] Doreen Siegfried:
Und wenn ich hier schon mit einem Open Access-Experten sitze, liegt es natürlich nahe, dass wir heute wirklich einen deep Dive machen in das Thema Open Access.

[00:01:20-1] Doreen Siegfried:
Olaf, wir haben heute den 11. August 2020. 2020 das Jahr, wo sich alles ändert oder auch nichts ändert. Wir wissen es nicht. Wie sieht es eigentlich aus mit dem wissenschaftlichen Publikationsmarkt? Hat sich da etwas geändert oder alles beim Alten?

[00:01:38-2] Olaf Siegert:
Also der wissenschaftliche Publikationsmarkt ist aus verschiedenen Gründen derzeit doch ziemlich in Bewegung. Also, wenn man so die internationale Entwicklung sich anschaut, dann sehen wir, dass also vor allem durch zwei Initiativen sich aktuell eine ganze Menge ändert. Das eine ist die von der Max-Planck-Gesellschaft angestoßene OA2020 Initiative, wo letztlich auch das in Deutschland wohl bekanntere DEAL- Projekt letztlich auch daraus resultiert ist. Das ist die eine Ebene. Und die andere Ebene ist die von der Europäischen Kommission angestoßene Initiative Plan S, wo es darum geht, dass Forschungsförderer, ja, deutlich strengere Vorgaben machen zum Thema Forschungsergebnisse der von ihnen geförderten Projekte.

[00:02:31-5] Olaf Siegert:
Und genau. Und die OA2020 Initiative, da geht es darum, dass mit den Wissenschaftsverlagen, ja, Open Access kompatible Verträge abgeschlossen werden. Also auch mit den großen, traditionellen subskriptionsbasierten Publishern. Und dass dadurch halt, ja, der Open Access-Output sozusagen in vielen Ländern eben auch steigt. Und letztlich diese beiden Initiativen, also sozusagen neuartige Verträge mit den großen Fachverlagen, ist die eine Stoßrichtung. Das andere, strengeren Vorlagen der Forschungsförderer. Die sind gerade dabei, insbesondere in Europa, vor allem in Westeuropa, den Markt doch ziemlich zu verändern.

[00:03:13-7] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und wie sieht es denn aus jetzt mit der elektronischen Verbreitung von Forschungsergebnissen? Sind wir da bei 100 Prozent Abdeckung? Oder gibt es tatsächlich noch Veröffentlichungen im guten alten Papierformat?

[beide lachen]

[00:03:26-2] Olaf Siegert:
Die gibt es auch noch. Aber überwiegend haben wir dann Veröffentlichungen, die sozusagen sowohl Print als auch online verfügbar sind. Wir haben allerdings hier durchaus, je nach Fachdisziplin und je nach Veröffentlichungsformat, durchaus Unterschiede. Ich denke mal, beim Zeitschriftenmarkt ist es eigentlich so, dass es dort zu fast 100 Prozent immer auch eine digitale Fassung auch gibt. Wir haben aber insbesondere bei manchen kleineren Verlagen, insbesondere in den Geisteswissenschaften, noch sozusagen die Dominanz des Printmodells.

[00:04:04] Olaf Siegert:
Und das gilt auch und auch da wieder, vor allem für die Geisteswissenschaften, für die, den Buchmarkt, den wissenschaftlichen Buchmarkt. Auch dort gibt es hier und da noch Bücher, die nur gedruckt veröffentlicht werden. Aber wie gesagt, auch da nimmt das digitale Format zu. Zumindest, so ist das, glaube ich, auch in den Geisteswissenschaften noch überwiegend gewünscht, als ergänzendes, als Komplementärformat. Aber in den Geisteswissenschaften wollen viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler doch gerne noch auch die gedruckte Fassung ihrer eigenen Bücher zum Beispiel haben. Und aber eigentlich in allen anderen Disziplinen kann man wirklich sagen, dominiert auch der Onlinemarkt. In den Geisteswissenschaften ist er aber auch zumindest auch angekommen. Aber hier ist sozusagen noch eine Koexistenz mit dem Printmarkt.

[00:04:53-8] Doreen Siegfried:
Hm. Also würdest du sagen sozusagen das Online Geschäftsmodell dominiert faktisch den Markt?

[00:04:59-3] Olaf Siegert:
Ja, ja. Also, wenn ich mir angucke, was weltweit veröffentlicht wird. Dann ist es ja sowieso so, dass eigentlich der sozusagen vom global Output her ja die Natur- und Lebenswissenschaften ja bei weitem dominieren. Da weiß ich nicht, aber bestimmt 80 Prozent aller Zeitschriftenveröffentlichungen sind ja in diesem geistes-, nein, dem naturwissenschaftlichen lebenswissenschaftlichen Bereich. Und in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist es eben deutlich weniger. Und auch der Buchmarkt ist eben auch deutlich, deutlich kleiner als der Zeitschriftenmarkt. Also von daher kann man sagen, dass hier die Natur- und Lebenswissenschaften den Markt sowohl mengenmäßig als auch natürlich durch diese Verbreitung im Digitalformat deutlich dominieren.

[00:05:40-1] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Nun heißt ja digital nicht automatisch, dass es auch frei verfügbar ist, also sozusagen im Open Access zur Verfügung steht. Welchen Anteil hat denn das Modell Open Access auf dem Markt?

[00:05:53-3] Olaf Siegert:
Auch da muss man wieder differenzieren, wie man das sozusagen in der Wissenschaft ja auch gerne macht. Je nachdem, wie man das Ganze betrachtet. Also es gibt zum Beispiel eine Unterscheidung sozusagen nach Menge und nach Umsatz. Und da kann man sagen, dass eben der Umsatz mit Open Access-Medien sozusagen kleiner ist als die Menge an Open Access-Medien im Gesamtmarkt. Die genauen Zahlen aktuell habe ich nicht. Ich weiß nur, vor ein paar Jahren gab es mal von einem von einer Unternehmensberatung so eine internationale Studie, da wurde, glaube ich, so von ungefähr fünf Prozent Umsatz gesprochen, die der Open Access-Markt ausmacht, im Vergleich zum Verkaufs- und Subskriptionsmarkt. Bei der, sozusagen, Anzahl der Fachzeitschriften, da liegen wir schon deutlich drüber. Das sind wir, glaube ich, insgesamt schon bei ja, ich denke mal doch mindestens 20 Prozent der Zeitschriften, die jetzt auch Open Access- Zeitschriften sind.

[00:06:57-0] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:06:59-1] Olaf Siegert:
Und bei der Anzahl der Zeitschriftenartikel, die eben frei verfügbar sind, da dürfte es noch ein bisschen höher sein. Und wie gesagt, auch da muss man sich immer angucken, von welchem Erscheinungsjahr sprechen wir, weil das Ganze sozusagen sich ja in Richtung Open Access weiterbewegt. Und ich denke mal hier im Jahr 2020, würde ich mal schätzen, wie gesagt, müsste man mal an die einschlägigen Datenbanken schauen, dass wir da irgendwo, naja, also bei deutlich über 20 Prozent Zeitschriftenartikeln sind, die frei verfügbar sind. Das ist insbesondere auch dem geschuldet, es gibt eine neue Entwicklung seit einigen Jahren jetzt auf dem Zeitschriftenmarkt, die sogenannten Mega-Journals.

[00:07:40-3] Olaf Siegert:
Das sind halt eben nicht mehr die Zeitschriften, die wir sozusagen klassisch noch aus dem Studium vielleicht so kennen und die auch sozusagen rein mengenmäßig noch dominieren. Die praktisch im Jahr vier, fünf, sechs Ausgaben haben, mit, was weiß ich, sechs, sieben, acht Artikeln und im Jahr so einen Output von 40, 50 Fachartikeln haben. Und diese Mega-Journals sind eben ein Kind der digitalen Zeit und auch ein Kind, der Open Access-Entwicklung, die mit einem verkürzten Peer Review-Verfahren arbeiten und von jeher eben alle Fachgebiete, auch…

[00:08:10-5] Doreen Siegfried:
Ah, okay.

[00:08:11-8] Olaf Siegert:
… attrahieren und eben nicht nur in einer bestimmten Domäne tätig sind. Also das größte bekannteste ist mit Sicherheit PLOS ONE. Und PLOS ONE hat, ich glaub in seiner, hat glaube ich, mal einen Höchststand gehabt vor ein paar Jahren von 30.000 Artikeln, die dort veröffentlicht wurden. Also das ist einfach eine ganz andere Zahl. Und dann müssen halt ganz, ganz viele andere klassische Fachzeitschriften zusammenkommen, um den Output zu erreichen. Und da PLOS ONE von vornherein als Open Access-Zeitschrift auch gegründet war, hat das gleich enormen Boost gebracht in Artikeln. Es war aber nur eine Zeitschrift. Insofern ist dann der Anteil der Fachartikel höher als der Anteil der Zeitschriften. Also sozusagen nominell.

[00:08:50-1] Doreen Siegfried:
Und macht es denn deiner Meinung nach Sinn, da auch irgendwie nach Fachdisziplinen zu unterscheiden, wenn ich mir mal das so angucke?

[00:08:56-9] Olaf Siegert:
Ja, ja.

[00:08:57-5] Doreen Siegfried:
Wie ist es denn in den Wirtschaftswissenschaften?

[00:08:58-9] Olaf Siegert:
Die Wirtschaftswissenschaften haben bei dem Open Access-Markt, sind sozusagen eher am unteren Ende der Skala. Wenn man jetzt auf die Zeitschriften guckt, da liegen wir so irgendwo so bei fünf bis zehn Prozent aller Fachzeitschriften. Auch je nachdem, auch welches Ranking man heranzieht und ob man auf die BWL oder VWL guckt. Also die VWL ein bisschen mehr, die BWL noch ein bisschen weniger. Aber insgesamt sind wir da eben unter diesem Schnitt, den ich vorher so bei 20 Prozent ungefähr geschätzt hatte.

[00:09:32-5] Doreen Siegfried:
Und hat das irgendwie Konsequenzen? Also wenn ich mir angucke, okay Megajournals und Onlinemodell dominiert, hat das irgendwie Konsequenzen für die Wirtschaftsforschenden dann in der konkreten beruflichen Praxis?

[00:09:51-0] Olaf Siegert:
Na ja, also ich, ich denke mal, wir haben ja in der Wirtschaftsforschung noch einen anderen Effekt, der mit Sicherheit auch da reinspielt, wie viele Zeitschriften jetzt Open Access sind. Weil zum Publikationsmarkt in den Wirtschaftswissenschaften gehört auch, dass wir eine sogenannte Preprint- Kultur haben, also eine Working Paper-Kultur. Das haben wir wirklich in der Minderzahl aller Fachdisziplinen. Also das ist etwas, was immer noch eine, wenn auch steigende Ausnahme ist, was es in wenigen Fächern traditionell gibt, unter anderem in den Wirtschaftswissenschaften. Das heißt schlichtweg, dass neue Forschungsergebnisse nicht zuerst in einer Fachzeitschrift als Artikel erscheinen, sondern schon viel früher, nämlich in der Regel über die herausgebenden Institute in einer sogenannten Working Paper-Reihe. Das heißt eigentlich jedes vor allem VWL- Institut von Rio bis Tokio hat mindestens eine Working Paper-Reihe, wo sie halt eben von ihren Forschenden neue Forschungsergebnisse veröffentlichen. Und das sind eben Papers, die allerhöchstens sage ich mal, im Institut mal vorher geteilt wurden und wo dann vielleicht mal noch einer darüber gelesen hat, aber die praktisch frisch von den Forschenden selbst kommen. Hat den Vorteil, dass sie eben sehr aktuell sind. Also die untersuchten Studien zum Beispiel sind meistens sehr, sehr aktuell. Die Daten, die dort eben herangezogen werden, während ja in den Wirtschaftswissenschaften gerade bei den bekannten Fachjournalen es ja so ist, weil die so viele Einreichungen bekommen

[00:11:25-1] Olaf Siegert:
und sie so einen Bottle Neck darstellen, dass dort eben die Abarbeitung der Begutachtung bis zu zwei Jahren dauert. Und dann teilweise eben dann neue Fachartikel in der American Economic Review, ich sag mal, wo das Ursprungspaper, zwei Jahre alt ist

[00:11:42-0] Olaf Siegert:
und dann eben dementsprechend auch die Daten, die da herangezogen wurden, auch mindestens zwei Jahre alt sind.

[00:11:46-4]
Doreen Siegfried: Dann nochmal älter, ja.

[00:11:47-4] Olaf Siegert:
Und das hat eben so und das ist so ein bisschen dieser Trade off. Also das heißt, in der Wirtschaftswissenschaft haben wir halt diese Besonderheit, dass anders als in anderen Fächern, die Zeitschriften eigentlich keinen Neuigkeitswert haben, weil man eigentlich fast alles, was dort veröffentlicht wurde, sozusagen vorab schon in irgendeiner Working Paper-Fassung findet. Sondern sie haben eher die Funktion eines Qualitätssiegels oder auch eines Awards. Ich sag mal,…

[00:12:10-7] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:12:11-2] Olaf Siegert:
man kennt das in anderen Bereichen ja auch. Also, wenn jemand irgendwie einen Preis gewinnt. So dann ist das so, wenn ich in einer hochangesehenen Zeitschrift, dann praktisch angenommen werde mit meinem Beitrag, dann ist das natürlich enorm wichtig. Und wenn ich halt diesen, dann Preis gewonnen habe, und wenn ich dann sozusagen ein Paar von diesen Preisen hab, dann sozusagen, steigert das auch meine Reputation. Und darum geht es letztlich in der Wissenschaft ja auch. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sozusagen für die ist, sind die Orte, wo sie veröffentlichen, sind enorm wichtig. Weil das tatsächlich ihren Marktwert, wenn man so will, dann auch ausmacht. Und je nachdem, welche Karriere sie auch anstreben, ist es halt auch wichtig, wenn sie dann meinetwegen die nächste Stelle haben wollen oder irgendwo eine begehrte Professur haben wollen und überhaupt eingeladen zu werden …

[00:13:00-1] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:13:00-3] Olaf Siegert:
für diese Stellen, Berufungsverfahren. Dafür braucht man halt hinreichend gute Zeitschriftenveröffentlichungen.

[00:13:03-8] Doreen Siegfried:
Ja, okay, verstehe. Olaf, wo ich dich schon mal hier habe zum Thema Open Access. Mich würde noch mal interessieren, der Publikationsmarkt. Da gibt es ja nicht nur zwei, drei Geschäftsmodelle. Vielleicht kannst du noch einmal erklären, auch für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer, welche Geschäftsmodelle gibt es? Oder was sind so die dominanten? Und wie kommen die Verlage jeweils an ihr Geld für jedes der genannten Geschäftsmodelle?

[00:13:32-3] Olaf Siegert:
Genau, vielleicht vorab nochmal, also, im traditionellen Geschäft ist es ja so, dass die Finanzpartner im wissenschaftlichen Publikationsbereich sind halt die Fachverlage und die Bibliotheken.

[00:13:47:9] Olaf Siegert:
Und es läuft in der Regel so, dass die Bibliotheken halt die für sie relevanten Fachzeitschriften, ich gehe jetzt erst mal vom Zeitschriftenmarkt aus, abonnieren und dann ihnen in gedruckter oder elektronischer Form, mittlerweile also fast überwiegend elektronisch zur Verfügung stellen für ihren Campus oder für ihr Institut. Das heißt, dann haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre PCs oder über bestimmte Log-In-Verfahren dann Zugriff auf diesen Content und das wird über so jährliche Verträge und Abonnements halt geregelt.

[00:14:18-0] Olaf Siegert:
Und beim Open Access-Modell ist es ja so, dass ich nicht mehr über diesen, über diese Zugangsbeschränkung halt gehen kann, als sozusagen Marktregelung. Das heißt, da muss im Prinzip, damit der Verlag seine entstehenden Kosten wieder reinbekommt, muss er sich auf andere Weise die Mittel halt besorgen, wenn er sozusagen Open Access-Medien vertreibt. Und das läuft dann auf verschiedenen Wegen, also das Hauptmodell, was sich gerade in Natur- und Lebenswissenschaften halt durchgesetzt hat, ist das Modell über Autorengebühren, so genannte APCs. Article Processing Charges nennt sich das Ganze. Und da ist es halt so, dass praktisch jede Einreichung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern praktisch dann nach erfolgreichem Peer Review, nach Akzeptanz eines Artikels durch die Zeitschriftenherausgeber, wird dann eine Rechnung fällig. Und diese Rechnung wird dann den Autorinnen und Autoren sozusagen gestellt. Und es ist allerdings nur in den wenigsten Fällen so, dass die Einzelwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler auf diesen Geldern sitzen bleiben. Weil es geht ja auch nicht um ihr persönliches Geld und auch die Institute, die hinter ihnen stehen, auch die Forschungsförderer, für die sie sozusagen oder mit deren Mitteln sie ja Gelder sozusagen und sie dann ihre Forschung machen, haben ja ein Interesse daran, dass die Forschungsergebnisse verbreitet werden. Und in der Regel kommen von diesen beiden Quellen dann eben auch die Finanzmittel. Das heißt, die Rechnung wird dann in der Regel weitergeleitet vom Autor, von der Autorin an ihr, an sein Institut oder ihr Institut, an die Uni oder aber sozusagen wird abgerechnet dann auch über die Hochschulverwaltung oder Institutsverwaltung. Aber es sind halt eben Drittmittel, meinetwegen, wenn es ein, ich sag mal, DFG-Projekt oder EU-Projekt ist, wo man dann eben geforscht hat und man hat irgendwie Forschungsergebnisse als Artikel dann eben erfolgreich untergebracht, dann kann man bei mittlerweile fast allen Forschungsförderern diese Mittel dann geltend machen. Und dann wird sozusagen von der Seite dann das Geld bezahlt.

[00:16:27-4] Doreen Siegfried:
Ja, ja. Okay.

[00:16:279-2] Olaf Siegert:
Das ist aber tatsächlich auch nochmal so ein Punkt, wenn wir über den globalen Markt sprechen, der gerade in Ländern sozusagen, die jetzt über weniger Finanzinfrastruktur verfügen und weniger Drittmittel auch verfügen, ist es schon auch ein Hemmschuh. Also gerade in Entwicklungsländern zum Beispiel, da ist es natürlich für einen Forschende auf einmal eine größere Hürde, weil sie erst mal gucken muss oder er gucken muss, ja, wenn ich jetzt hier einreiche…

[00:16:56-6] Doreen Siegfried:
An wen kann ich die Rechnung weiterreichen?

[00:16:59-5] Olaf Siegert:
Ja, also kriege ich dann überhaupt die Mittel und so. Das hat sich aber in den Industrieländern in den letzten, vor allem fünf Jahren, eben doch sehr stark verändert. In Deutschland gibt es sogar ein Förderprogramm von der DFG dazu, um das halt aufzubauen. Also, das ist sozusagen dieses Hauptmodell. Es gibt daneben aber auch durchaus gerade, es gibt nicht nur, sag ich mal Entwicklungsländer, es gibt auch wenn man so will, Entwicklungsfächer. Also gerade Fächer, sag ich mal, wo weniger Gelder unterwegs sind.

[00:17:24-9] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:17:25-5] Olaf Siegert:
Also gerade Geisteswissenschaften, dort, wo auch traditionell weniger Drittmittel sozusagen verfügbar sind oder weniger Förderprogramme da sind, teilweise auch in den Sozialwissenschaften. Da merkt man auch, dass die Zeitschriften sich nicht ohne weiteres nach diesem APC-Modell finanzieren. Während zum Beispiel sag ich mal, nur in der Medizin oder in der Biochemie oder so, wo Unmengen an Geldern sozusagen, ja auch alleine für Laborausstattung und andere Sachen veranschlagt werden, da sind dann diese Publikationsmittel Peanuts. Also das kriegt man dann auch noch hin. Aber in Fächern, wo es praktisch nur darum geht, einen Arbeitsplatz irgendwo zu haben und wo traditionell weniger Ausstattung eben da ist, da hat man eben auch dafür letztlich traditionell weniger Ausstattung. Und da ist dann schon irgendwie so ein Punkt und darum ist es gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften wichtig, dass, wenn man hier mehr Zeitschriften in den Open Access bringen will, dass man hier auch guckt, wie man die finanziert. Und da gibt es so Modelle wie zum Beispiel so Bibliothekskonsortien, die sich dann bilden.

[00:18:27-3] Olaf Siegert:
Gerade wenn es um nationalsprachliche Zeitschriften geht, die, wie du weißt, auch in den Geisteswissenschaften durchaus auch eine starke Rolle spielen, dass man dann sagt okay, es gibt ja meinetwegen in den Ländern auch Bibliothekskonsortien, die auch national organisiert sind. Und die kümmern sich vielleicht darum, dass dann eben wichtige Zeitschriften auch hier, auch über so eine Jahreszahlung eines Bibliothekskonsortiums finanziert werden.

[00:18:49-1] Doreen Siegfried:
Ah, ja. Okay.

[00:18:50-3] Olaf Siegert:
Aber das ist tatsächlich deutlich schwieriger, weil man hier natürlich deutlich mehr Abstimmungsprozesse hat. Die Konsortien müssen sich wieder einig sein und was für die eine Uni eine wichtige Zeitschrift ist, ist es für die andere weniger. Und dann müssen wieder die Konsortialteilnehmer eben sich wieder einig werden. Und darum hat das immer noch so seine Tücken an der Stelle. Dann gibt es Zeitschriften, die von Fachgesellschaften herausgegeben werden, auch traditionell durchaus auch ein wichtiger Markt. Und hier ist es in den Geistes- und Sozialwissenschaften eben so, dass dort einige Fachgesellschaften gesagt haben okay, wir nehmen ja von unseren Mitgliedern Mitgliedsgebühren und hier nutzen wir einen Teil unserer Mitgliedsgebühren um meinetwegen, unsere Fachzeitschrift, die wir rausgeben…

[00:19:33-2] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:19:33-4] Olaf Siegert:
…dann Open Access zu machen. Aber auch das hat so seine Tücken, weil eben viele Fachgesellschaften ja auch andere Förderprogramme haben, meinetwegen für Nachwuchswissenschaftler oder irgendwelche Awards für Dinge, die sie fördern wollen. Und das Geld fehlt ihnen dann, wenn sie einen Teil in ihre Zeitschrift stecken.

[00:19:52-3] Doreen Siegfried:
Ah, okay.

[00:19:53-3] Olaf Siegert:
Also insofern ist das natürlich immer so, ja so eine schwierige Abstimmungssache. Und je nachdem, wie sich der Vorstand einer Fachgesellschaft gerade zusammensetzt, funktioniert das oder nicht. Also um in Deutschland zum Beispiel für die Wirtschaftsforschung zu sprechen, da bringt ja sowohl der Verein für Socialpolitik zwei Zeitschriften raus, als auch der VHB bringt eine Zeitschrift raus für die BWL. Und die BWL hat sich schon vor vielen Jahren eben hier entschieden, dass man eine Open Access-Zeitschrift herausbringt und hier auch die entsprechenden Kosten mitträgt. Es gab auch eine Anschubförderung von der DFG, okay, aber hier war immer der Fachverband finanziell mit eingebunden. Und in der VWL zum Beispiel, war es eigentlich, gab es nie eine Mehrheit im Vorstand dafür, die Zeitschriften so umzustellen, dass ein Teil der Mitgliedsgebühren dafür eingesetzt wird. Also nur, um zu zeigen, dass ist auch da kein Selbstgänger.

[00:20:41-9] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:20:43-2] Olaf Siegert:
Und darum also, je länger wir sprechen… Ich wollte einfach auch nur sagen, dass also, soweit man, je mehr man von diesem APC-Modell wegkommt, umso mehr muss man wirklich gucken. Und da gibt es eben auch nicht so eine one size fits all Lösung,…

[00:20:55-3] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:20:55-5] Olaf Siegert:
…sondern man muss dann wirklich puzzeln und gucken. Ja, es gibt dann eben auch so Membership-Modelle. Und da gibt es halt viel unter der Sonne, aber ich sage mal, das hat bislang noch nur zu wenig dadurch geförderten Zeitschriften geführt.

[00:21:11-9] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:21:12-1] Olaf Siegert:
Insofern ist das Finanzierungsmodell, das erfolgreiche Finanzierungsmodell für Open Access-Zeitschriften, tatsächlich immer noch das APC Modell. Was aber dann auch dazu führt, und das sieht man auch an den Zahlen, dass eben gerade in den Geistes- und Sozialwissenschaften deutlich weniger Zeitschriften da sind. Hier muss man aber jetzt noch einen anderen Punkt bringen. Hier gibt es tatsächlich eine ganze Menge Zeitschriften, die über Univerlage zum Beispiel auch herausgegeben werden oder wo Bibliotheken zumindest die technische Infrastruktur stellen. Auch da gibt es Modelle. In Deutschland gibt es zum Beispiel an ungefähr 20 bis 25 Universitäten gibt es Universitätsverlage, und dort werden halt auch Zeitschriften herausgegeben. Die müssen sich nicht komplett selbst finanzieren, weil da gibt es eine Querfinanzierung über die Uni in der Regel. Und das ist zum Beispiel auch ein Weg, wie Open Access Zeitschriften entstehen können. Ja, wahrscheinlich würden mir auch noch ein paar mehr einfallen.

[00:22:05-3] Doreen Siegfried:
Das ist erst mal so, das, das große. Okay. Und du hattest ja eingangs gesagt, dass Open Access-Zeitschriften ja noch lange nicht State of the Art sind. Gibt es irgendwie also konvertiert auch mal eine traditionelle Fachzeitschrift zu einer Open Access-Zeitschrift? Gibt es da irgendwie auch mal einen Wandel? Oder was hast du da so in den letzten Jahren beobachtet?

[00:22:33-2] Olaf Siegert:
Gibt es, gibt es auch. Man muss aber sagen, wenn man sich den aktuellen Zeitschriftenmarkt anguckt, dass man praktisch fast so eine Dichotomie hat zwischen born Subscription-Journals und born OA-Journals.

[00:22:46-9] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:22:47-9] Olaf Siegert:
Und dass praktisch diese Konversion oder man spricht ja immer vom Journal Flipping in der Fachterminologie, dass das eigentlich immer noch etwas ist, was dann nur in wenigen Bereichen gelingt. Es ist ja, wie ich gerade auch schon dargestellt habe, tatsächlich auch etwas, was eben auch wirklich gut überlegt sein will, weil Zeitschriften sind ja eigentlich auch gerade wenn sie schon eingeführt sind, sind ja auf Dauer angelegt. Und das möchte dann auch gut überlegt sein. Schaffe ich es meinetwegen auch über ein, zwei, drei Jahre hinaus, dann praktisch, diese Publikationskosten auch aufzubringen, die entstehen? Und das ist dann ja in der Regel bei diesen kleineren Zeitschriften auch wirklich immer gerade für die Herausgebergremien dann doch auch eine wichtige Entscheidung. Macht man das? Das ist zum Beispiel auch immer ein Hinkefuß gewesen, für Förderprogramme von Drittmittelförderern. Die DFG hat zum Beispiel auch lange Jahre und teilweise auch immer noch sozusagen, Open Access-Zeitschriften gefördert, den Aufbau, teilweise auch die Weiterentwicklung. Aber die Forschungsförderung ist naturgemäß temporär angelegt auf ein paar Jahre. Und dann ist hinterher immer die Situation, ja, trägt sich das dann oder nicht. Und viele Förderer sagen auch, lieber Herausgeber, wir brauchen auch ein Nachhaltigkeitsmodell.

[00:24:01-1] Olaf Siegert:
Und das ist dann in der Tat, wenn man dann irgendwo abkommt, von so einem APC-Modell, was aber auch in manchen Fächern in der Tat nicht gut funktioniert, weil die Zahlungsbereitschaft und auch die Mittel einfach nicht so in dem Maße da sind, ist es halt schwierig. Und ja, von daher haben wir immer noch diesen Markt, diesen zweigeteilten Markt. Wir haben jetzt aber insofern eine neue Situation, haben wir, glaube ich, noch nicht darüber gesprochen, aber ich habe es am Anfang kurz angerissen, diese Initiative von Max-Planck

[00:24:29-6] Doreen Siegfried:
Hm, ja.

[00:24:30-1] Olaf Siegert:
OA 2020. Die sozusagen zielt ja darauf ab, praktisch dieses Subskriptionsmodell und das Open Access-Modell in einem Vertrag zusammenzubringen. Mit dem Ziel, mittelfristig von der Subskription wegzukommen und zu einem publikationsbasierten, sozusagen Geschäftsmodell, also OA-Modell, dann eben zu kommen. Und sozusagen als Übergang sagt man, man kombiniert praktisch beide Wege. Und das läuft aber in der Regel dann so, dass man ein hinreichend großes Konsortium braucht und eine hinreichend große Forschercommunity. Meistens ist das auf Länderebene organisiert oder große Forschungsorganisationen dann. Weil diese Publishingseite, die kann man praktisch auf der globalen Ebene schlecht organisieren, weil die Wissenschaft so unterschiedlich finanziert ist und auch die Wissenschaftspolitik so unterschiedlich organisiert ist in den einzelnen Ländern. Man kann da wirklich bislang, maximal auf so einer nationalstaatlichen Ebene zu einer einheitlichen Herangehensweise kommen, wie das zum Beispiel in Deutschland auch schon ein riesen Anlauf war, vor dem Hintergrund des Föderalismus, eben das DEAL-Projekt war. Und wenn man wirklich sagt, alle Bundesländer, alle Forschungsorganisationen, die ja auch unterschiedlich finanziert sind, von Max Planck bis Leibniz sozusagen einigen sich auf eine gemeinsame Herangehensweise bei den Verhandlungen mit den großen Verlagen. Und dort hat man jetzt ja mit Springer und mit Wiley sozusagen Verträge abgeschlossen, die praktisch sowohl den Zugang der deutschen Forschungscommunity zu den Subskriptionszeitschriften halt regelt als auch gleichzeitig, und da haben die Verlage eben auch gesagt gut, wir erklären eigentlich alle oder fast alle unsere Subskriptionszeitschriften eben auch zu Open Access kompatiblen Zeitschriften. Man nennt das dann Hybrid Journal. Das heißt, man kann praktisch dann dort in diesen Zeitschriften auch im Open Access publizieren, wenn man zu einem so einem Gesamtvertrag gehört. Man nennt die auch dann „Read and Publish-Verträge“ oder „Publish and Read Verträge“. Das heißt, hier wird in einem Vertrag über eine Summe dann praktisch sowohl das Publizieren einer bestimmten Community in diesen entsprechenden Fachzeitschriften als auch der lesende Zugang in diesen Gesamtcontent sozusagen auch geregelt. Und das bringt natürlich gerade bei so Ländern wie in Deutschland, wo doch eine ganze Menge Fachartikel pro Jahr produziert werden, bringt dann doch einen großen Schwung, dann wiederum. Und da ist dann auch das ist letztlich auch die Logik, die globale Logik von OA 2020, von dieser Initiative: Wenn viele forschungsstarke Länder solche Verträge abschließen, dann wird es eben für immer mehr Zeitschriften praktisch so sein, dass sie über diesen Publishing Part von solchen Verträgen finanziert werden und nicht mehr über diesen Lesezugang.

[00:27:26-0] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:27:26-6] Olaf Siegert:
Und dann sozusagen, und das ist dann in diesen Verträgen dann teilweise auch festgelegt, wenn dann hier meinetwegen gesagt wird, ab einer bestimmten Marge, sag ich mal von 50 Prozent eines Zeitschriftenjahrgangs, von berechtigten Autoren, von solchen Verträgen sozusagen kommen, dann muss der Verlag praktisch diese Zeitschrift umstellen von Subskription auf Open…

[00:27:48-6] Doreen Siegfried:
Open Access

[00:27:48-8] Olaf Siegert:
…Access basiert. Genau. Und in dieselbe Kerbe, von der anderen Seite sozusagen, schlägt auch dieser Plan S, sozusagen dieser Forschungsförderansatz, den bringe ich jetzt auch mal ins Spiel, wo ja praktisch sich vor allem viele europäische, aber teilweise auch US-amerikanische, Forschungsförderer geeinigt haben, sozusagen die Daumenschrauben für von ihnen geförderte Projekte enger zu ziehen. Das heißt, ein klares Open Access-Mandat vorzugeben. Das heißt, Forschungsergebnisse der von ihnen geförderten Projekte müssen unmittelbar im Open Access vorliegen. Es darf keine Embargozeit mehr geben, also keine Schweigefrist sozusagen, sondern müssen direkt Open Access vorliegen. Und in dem Zuge gibt es zum Beispiel auch sogenannte Transition Journals, glaube ich heißen die. Ich bin jetzt nicht mehr ganz sicher, wie der Fachbegriff war. Aber wo sozusagen die Verlage, die hier teilnehmen, auch nochmal sich verpflichten müssen, bestimmte, ich sag mal, Transparenzangaben zu machen, zu den dort registrierten Zeitschriften.

[00:28:56-6] Olaf Siegert:
Und dort eben genaue Angaben machen zu müssen, was weiß ich, zu Umsatz, zu sozusagen Herkunft der Forschenden oder der Autor:innen in der Zeitschrift. Also bestimmte Parameter müssen da transparent auch nochmal gegenüber diesen Forschungsförderern abgelegt werden. Und da hat sich jetzt, und das finde ich schon einen wichtigen Schritt, da hat sich jetzt der Springer Verlag, der ja immerhin zu den drei Größten weltweit gehört, bei dem Zeitschriftenmarkt, hat sich jetzt bereit erklärt, seine Journals, mehr oder weniger komplett, also die, die subskriptionsbasiert sind als solche Transition Journals…

[00:29:28-8] Doreen Siegfried:
Ah ja, okay. Hm.

[00:29:29-4] Olaf Siegert:
…zu registrieren. Und damit auch sozusagen sich hier auch in diese ganze Dokumentationspflicht zu begeben. Und da Springer aber offensichtlich auch annimmt, dass der Markt sich hier tatsächlich auch entscheidend jetzt verändert. Sie wollen als erster großer Verlag eben dabei sein, in so einem publikationsbasierten Markt.

[00:29:47-5] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und sag mal, hat das, also, wenn ich jetzt als Wissenschaftlerin publizieren möchte, sehe ich da noch durch? Woran erkenne ich, ob das jetzt eine Hybridzeitschrift ist oder ob das eine ganz traditionelle Closed Access-Subskriptionsfachzeitschrift ist oder eine komplette Open Access-Fachzeitschrift? Also sehe ich das irgendwie als Autorin?

[00:30:12-4] Olaf Siegert:
Das sollte so sein. Ja. Das hängt natürlich immer davon ab. Letztlich die meisten Zeitschriften erscheinen ja bei Fachverlagen.

[00:30:19-7] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:30:19-8] Olaf Siegert:
Und letztlich, mittlerweile ist die Website einer jeden Zeitschrift, ist sozusagen die Visitenkarte. Dort gibt es ja eben die Instructions for Authors, die man halt, die traditionell halt erst mal diese ganzen formalen Dinge auch beinhalten. Und da sollte dann eben auch in dem Kontext mit vermerkt sein, ob zum Beispiel Kosten anfallen, ob es hier eine Open Access-Option gibt.

[00:30:44-3] Doreen Siegfried:
Ach so, da lese ich mir das dann durch.

[00:30:44-8] Olaf Siegert:
Genau. Letztlich ist das praktisch der Punkt. Man muss aber auch sagen, dass die Verlage das bislang unterschiedlich gut umsetzen und dass die Wissenschaftseinrichtungen doch immer wieder auch merken, dass es dort Fragen gibt. Man muss auch sagen, es gibt ja mittlerweile auch fast flächendeckend auch Open Access-Beauftragte an den Wissenschaftseinrichtungen und die werden oftmals auch mit solchen Fragen sozusagen konfrontiert von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern. Also viele Institute, viele Unis haben mittlerweile Open Access-Policies. Das heißt die Wissenschaftler wissen, okay, ich sollte im Idealfall Open Access kompatibel veröffentlichen. Viele Förderer haben auch da entsprechende Vorgaben. Okay. Und dann ist natürlich immer der Punkt ja, okay, woran erkenne ich das? Und da ist es eben bei manchen Zeitschriften immer noch nicht perfekt gelöst. Und da muss man dann eben noch mal gucken, nochmal nachfragen. Und gerade wenn es dann um diese Finanzierungsmodelle geht und gerade bei diesen neuartigen Read and Publish- Modellen. Da gibt es durchaus noch, ich sag mal, noch Untiefen, wo man eben derzeit auch, wo die Wissenschaftscommunities oder die Konsortien, die Bibliothekskonsortien in Kooperation mit den Verlagen dabei sind, hier das zu verbessern. Damit das, ich sag mal, Autorenerlebnis ein besseres nochmal wird.

[00:31:57-9] Doreen Siegfried:
[lacht] Ja.

[00:31:58-9] Olaf Siegert:
Also es ist schon überwiegend, glaube ich schon so, dass das klappt. Also wenn man sich so die Open Access-Quoten in diesen Verträgen anguckt, dann ist es schon so, dass die eigentlich alle bei deutlich über 50 Prozent liegen, ne. So ist es nicht. Aber wir haben teilweise eben schon, man nennt das immer sogenannte Opt-outs. Und das heißt, dass Autorinnen und Autoren wissentlich, dann eben, weil sie ja letztlich frei entscheiden können, das ist ja auch immer Teil dieser Verträge, sagen, ich will aber kein Open Access. Und da haben jetzt irgendwie auch Studien ergeben, das ist ganz oft aus Unkenntnis, weil die eben nicht genau wissen, was heißt das jetzt: bleibe ich auf dem Geld sitzen, wenn ich hier was anhake…

[00:32:32-6] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:32:33-1] Olaf Siegert:
…oder wer zahlt das?, ist da im Hintergrund. Und klar, wenn man sich als Einzelperson sich da überlegt, okay, ich gehe jetzt hier ein Risiko ein. Vielleicht, dass ich eine Rechnung bekomme von – und diese APCs liegen ja durchaus über tausend Euro im Schnitt – teilweise 2.000 oder 3.000 Euro. Je nach Fach geht das halt irgendwie so durchaus, es ist alles so im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich. Das ist schon eine Summe, ne? Also gerade wenn ich jetzt eine temporäre Beschäftigung habe.

[00:33:59-5] Doreen Siegfried:
Ja, dann möchte ich da nicht drauf sitzenbleiben.

[00:33:01-8] Olaf Siegert:
Genau. Und das ist tatsächlich so ein Punkt, wo man eben sicherstellen muss. Also wenn man sagt okay, auch die Verlage wollen das ja, haben ja auch diese Verträge abgeschlossen. Das aber, praktisch diese Transparenz der Informationen, das muss wirklich gegeben sein. Und daran wird jetzt auch gerade gearbeitet, da gibt es auch gerade so eine Lernkurve bei den DEAL-Verträgen. Das ist auch so ein Thema, weil man da immer noch so Opt-out-Quoten hat, die teilweise auch über 10 oder teilweise über 20 Prozent liegen oder so.

[00:33:28-1] Olaf Siegert:
Dass man das sozusagen verringert und hier möglichst an eine hundert Prozentebene herankommt. Weil andere Umfragen haben ja auch ergeben, also wenn es für die Autoren keinen Unterschied macht, also finanziell zum Beispiel, und das alles safe ist, weil der Verlag ist fein, das ist ihre Zeitschrift, wo sie immer veröffentlichen wollen. Sie können sozusagen auch das alles selbst organisieren. Dann sagen ja auch ich sag mal 99 Prozent der Forschenden, ja dann mach ich das ja auch. Gerade wenn es auch noch wissenschaftspolitisch gewünscht ist. Aber wenn es dann immer noch so deutlich mehr als ein Prozent ist, die dann sozusagen das abwählen, dann hat das meistens eben den Grund der Missinformation oder der unklaren…

[00:34:05-3] Doreen Siegfried:
Der Nichtinformation.

[00:34:05-5] Olaf Siegert:
…Informationen. Und daran muss noch gearbeitet werden.

[00:34:07-4] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Also, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn Sie das jetzt hier gehört haben bis zu dieser Stelle. Wenn Sie nicht wissen, was sie machen sollen: Fragen Sie den oder die Open Access-Beauftragt:en Ihres Vertrauens. Und Ihnen wird geholfen, sodass Sie auf jeden Fall auch das Kreuzchen setzen können bei „Ich möchte bitte im Open Access publizieren“. Okay, wieder zurück zu unserem Interview. Beim Thema online publizieren und so weiter, spielen ja auch sogenannte Predatory Journals, auch bekannt so ein bisschen unter dem Namen Fake Journals –

ist ein Begriff, den ich eigentlich gar nicht verwenden wollte, aber der vielleicht vielen vertraut ist – spielen eine Rolle. Hiervon sind im Prinzip alle Fächer betroffen. Es gibt schwarze Listen und so weiter. Was würdest du sagen, inwiefern vermasseln diese Predatory Journals die große Transformation hin zum Open Access? Und wie können, auch wieder so mit Autorenbrille, wie können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die erkennen? Also, außer sie fragen natürlich wieder ihren Open Access-Beauftragten.

[00:25:23-8] Olaf Siegert:
[lacht]

[00:35:24-5] Doreen Siegfried:
Aber, wenn sie jetzt sagen, ich will das auch mal alleine erkennen, was gibt es da für Chancen?

[00:35:27-6] Olaf Siegert:
Genau. Vielleicht sollte man noch vorwegschicken für die, denen der Begriff jetzt noch nichts sagt: Also Predatory Journals sind ja alles, sind ja Zeitschriften, die sich halt auch über Autorengebühren finanzieren und in der Regel auch nach dem Open Access-Geschäftsmodell funktionieren und insofern erstmal sozusagen auf den ersten Anschein, wenn man nicht weiter prüft, auch so klingen wie, oh ja, das ist ja genau das, was ich jetzt meinetwegen auch brauche. Wissenschaftspolitisch ist das ja gewünscht.

[00:35:51-9] Doreen Siegfried:
Hm. Klingt super.

[00:35:53-0] Olaf Siegert:
Und es ist eine Open Access-Zeitschrift, die hat mich jetzt meinetwegen sogar angeschrieben, hat ein Paper von mir auf einer Konferenz gefunden und sagt: „Oh, wir würden das gerne veröffentlichen, müssen Sie nur bei uns einreichen.“ Die versprechen auch, dass sie das eben schnell veröffentlichen. Aber diese Zeitschriften sozusagen sind, was sie unterscheidet, ist, dass sie eigentlich auf Qualitätssicherung eigentlich gar keine Rücksicht nehmen. Und da das gar nicht groß beachten und manchmal auch eben wirklich damit werben, dass sie total schnell ein Papier veröffentlichen. Und das ist immer schon mal seltsam, weil, wenn man selbst an diesem Peer Review-Prozess schon mal teilgenommen hat, als Gutachter zum Beispiel, dann weiß man auch, dass das sind halt immer längere Zeiträume, also in der Regel gute Zeitschriften räumen einem auch eine bestimmte Frist ein, um ein Paper zu begutachten.

[00:36:26-3] Olaf Siegert:
Und wenn da eine Zeitschrift dann eben damit wirbt, dass innerhalb einer Woche meinetwegen ein Paper veröffentlicht wird, dann kann das ja nur dafürsprechen, dass es entweder keine Einreichungen hat, damit das so schnell geht…

[00:36:47-3] Doreen Siegfried:
Auch nicht so gut, ja.

[00:36:48-8] Olaf Siegert:
…oder aber wenn es eine erfolgreiche Zeitschrift ist, dann muss der Peer Review viel länger dauern, logischerweise, und eigentlich, wie gesagt auch, man muss eigentlich immer den Reviewern auch eine gewisse Zeit einräumen.

[00:36:58-8] Doreen Siegfried:
Okay, das heißt, da kann man schon mal erkennen, wenn ich eine E-Mail bekomme nach drei Tagen „Sehr geehrte Frau Siegfried oder sehr geehrter Herr Schulze Müller Meier, Ihr Paper ist online.“ Dann müssten bei mir gleich die Alarmglocken läuten.

[00:37:12-1] Olaf Siegert:
Genau.

[00:37:13-1] Doreen Siegfried:
Das kann nicht sein.

[00:37:14-5] Olaf Siegert:
Genau. Also im Prinzip ist es, und das ist ja eigentlich auch das, was immer, wo die Werbung immer drauf liegt und ich glaube deshalb bei diesen Predatory Journals darauf immer gesetzt wird: Ja, wir veröffentlichen schnell Open Access. Ja sie können schnell Open Access nachweisen gegenüber ihren Geldgebern oder wem auch immer. Aber, wir hatten ja vorher schon gesprochen, der Hauptpunkt der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist ja Aufbau von Reputation.

[00:37:42-9] Olaf Siegert:
Und ich glaube auch, dass Predatory Journals, ich sag mal, in den meisten Wissenschaftsdisziplinen kein grassierendes Problem sind, weil letztlich die allermeisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehr genau gucken, wo sie veröffentlichen.

[00:37:59-6] Doreen Siegfried:
Ah ja, okay.

[00:38:00-1] Olaf Siegert:
Und das war auch schon in der ganzen Fake Science-Debatte vor zwei Jahren, wo man sagte ja, 5.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sozusagen, hätten dort veröffentlicht. Aber das ist eben auch nur, ein wirklich sehr kleiner Prozentsatz gemessen an allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und das sind natürlich vor allem Nachwuchsforschende, die vielleicht hier drauf reinfallen, weil sie halt den Zeitschriftenmarkt noch nicht so kennen. Aber eigentlich, ich sage immer gerne, Zeitschriften sind ja praktisch wie, ja, wie lebende Communities praktisch zu einem bestimmten Thema. Und in der Regel ist es ja so, dass man dort auch seine Community mit der Zeit ja auch kennt. Dann weiß man, wer sind sozusagen die wichtigsten Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftler? Welche Einrichtungen sind da auch hervorgehoben tätig? Und wenn ich die praktisch alle nicht in einem Herausgebergremium finde, sondern irgendwo nur ich sag jetzt mal irgendwo weit entfernte Unis oder Institute, von denen ich noch nie was gehört habe, und Namen, von denen ich noch nie etwas gehört habe, dann würde ich schon mal sagen, warum sollte ich mein Forschungsergebnis dort veröffentlichen?

[00:39:01-7] Doreen Siegfried:
Hm. Ja, ja.

[00:39:02-6] Olaf Siegert:
Also das ist schon mal etwas. Und es gibt da sozusagen auf der Ebene noch etwas elaboriert ein sehr gutes Tool, was von Fachcommunities und Fachverlagen gemeinsam entwickelt wurde. Das heißt „Think. Check. Submit“. Das empfehlen auch die meisten Open Access-Beauftragten. Das ist wirklich, es sind kleine Checklisten im Netz, wo man sozusagen sich ein paar Fragen stellen sollte, wenn man halt von irgendeinem Journal, was man nicht kennt, irgend so eine Einladung bekommen hat und dann sagt man: gucken Sie doch mal aufs Editorial Board, gucken Sie mal, welche Beiträge dort veröffentlicht wurden. Also sind die gut, aus ihrer Sicht in ihrer Bewertung? Passt das zu dem, was sie dort veröffentlichen wollen? Also, das sind einfach so Plausibilitätsfragen. Und ich sage mal, die kann man sich relativ schnell dann auch selbst beantworten. Und dann sagen, im Zweifel mache ich das lieber dann nicht.

[00:39:55-2] Doreen Siegfried:
Na ja, okay, wir packen, wir packen den Link in die Shownotes, dann können Sie das einfach auch mal ausprobieren, wie das funktioniert.

[00:40:03-5] Olaf Siegert:
Ich würde nochmal ergänzen, andersrum auch beim Thema Reputationsaufbau. Der zeigt sich ja dann, wenn ich mich irgendwo anders bewerbe, wenn ich irgendwo meinetwegen einen Drittmittelantrag stelle, wenn ich eine Professur haben will, wenn mein Institut evaluiert wird oder wie auch immer. Und dort kommen dann ja diese ganzen Publikationslisten sozusagen werden dann ja eingefordert. Und da muss ich dann schon sicher sein, – und das ist dann eben auch wirklich das Entscheidende – habe ich die richtigen Visitenkarten sozusagen hier und wenn ich da nur in solchen seltsamen Journalen…

[00:40:34-2] Doreen Siegfried:
Ja, das sind dann keine Awards wie du es vorhin formuliert hast.

[00:40:36-2] Olaf Siegert:
Das sind keine Awards oder das ist dann irgendwie die Goldene Zitrone, die ich dann irgendwie habe oder so.

[00:40:39-9] Doreen Siegfried:
[lacht] Ja, genau.

[00:40:39-9] Olaf Siegert:
Und darum würde ich sagen, also allein dieser Anreizmechanismus Reputationsaufbau verhindert, dass sozusagen in dem Bereich halt wirklich viele Journals sozusagen auch reüssieren können. Und der Teil der Missinformation, muss man sagen, der ist in den letzten zwei Jahren sehr stark abgebaut worden. Fast alle Institute, also zum Beispiel auch unsere ZBW oder die Leibniz-Gemeinschaft oder auch viele Unis haben sozusagen auch im Umfeld der Open Access-Beauftragten Handreichungen erstellt. Und die waren eben sehr oft eben auch sehr hilfreich. Und haben gerade Nachwuchswissenschaftlern nochmal genau diese Augen geöffnet, die sie vielleicht, wo man vorher noch nicht genau wusste, was das ist. Und dadurch hat man auch den Eindruck, dass zumindest in Deutschland oder so das Thema abgenommen hat. Das haben jetzt auch jüngste Umfragen gezeigt, dass das also nicht mehr die Bedeutung hat, die es noch vor zwei Jahren hatte.

[00:41:31-2] Doreen Siegfried:
Hm. Du hast ja gerade schon das Thema Anreize erwähnt. Anreize sind ja sozusagen elementar im Wissenschaftsbetrieb. Also, ich würde ja fast behaupten, noch schlimmer als in der Schule [lacht], wo kein Möhrchen oder kein Anreiz welcher Art auch immer irgendwie zu erkennen ist, passiert auch nichts. Wenn wir jetzt über diese Transformation sprechen, also hin zum großen Thema Open Access. Welche Rolle würdest du sagen, spielen jetzt Anreize für Autoren? Welche Rolle spielen Anreize für die Verlage oder für Fachgesellschaften, für Zeitschriftenherausgeber? Gibt es überhaupt funktionierende Anreize oder müssen die noch erfunden werden?

[00:42:16-3] Olaf Siegert:
Ja, es gibt schon funktionierende Anreize, die funktionieren aber unterschiedlich, je nachdem, welche Stakeholder man sich anschaut. Da fangen wir mal bei den Autorinnen und Autoren an. Da ist es halt das Thema Reputation. Da ist es halt wirklich wichtig, sozusagen in den richtigen Zeitschriften auch zu veröffentlichen. Und da sollte man irgendwie dann sichergehen, dass in dem Fachgebiet, indem man sich profilieren möchte, dass man die dort einschlägigen Fachzeitschriften, die man dann auch teilweise in irgendwelchen Fachgesellschaftsverzeichnissen findet oder Rankings findet, dass man dort irgendwie auch mit seiner Veröffentlichung auch vertreten ist und nicht in irgendwelchen Zeitschriften, die dort völlig unbekannt sind.

[00:42:54-6] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:42:54-9] Olaf Siegert:
Das ist also nicht-monetärer Bereich. Und diese Zeitschriftenrankings wiederum, die speisen sich vor allem aus zwei Quellen. Das eine ist, sind umfragebasierte Rankings. Also was sagen wichtige Professoren in einem Fach, und es wird meistens über Fachgesellschaften noch organisiert. Welches sind die wichtigsten Zeitschriften? Da gibt es halt verschiedene Umfragen, gerade in der Wirtschaftsforschung gab es ja in den letzten Jahren auch diverse. Und dann erstellt man daraus ein Ranking. So, das ist eins. Also letztlich Bewertung von oder Einschätzung von wichtigen Personen in dem Bereich. Das zweite, was eben auch zunehmend eine Rolle spielt oder in manchen Fächern auch dominiert, sind zitationsbasierte Rankings. Das heißt, dort wird vor allem geguckt, welche Zeitschriften haben auf die von ihnen veröffentlichten Artikel die meisten Zitationen.

[00:43:49-9] Olaf Siegert:
Und weil man sagt, wenn ein Artikel sehr oft zitiert wird, dann heißt es, dass er für viele andere eine Relevanz hat. Und darum ist eben sozusagen auch ein Punkt, um Reputation aufzubauen, ist auch, dass man eben viele Zitationen attrahiert. Auch das ist eben ein Teil der Publikationsstrategie von Forschenden, wenn man in einem Bereich unterwegs ist, wo viele andere auch sind und wo man vielleicht ein Gebiet bearbeitet, was gerade noch fehlt. Irgendwie was so ein fehlender Baustein ist, was aber bei anderen in ihren Conclusions öfter mal erwähnt wird. Da sollte man jetzt weitermachen und dann hat man da diesen Baustein. Dann bekommt man wahrscheinlich auch eine ganze Menge Zitationen in dem Bereich. Genau, also das ist sozusagen, sind nicht-monetäre Anreize, die sich über so Bewertung und Zitationen halt herleiten. Andere Anreize sind aber klar monetär. Also, das fängt schon auch bei den Wissenschaftlern an, wenn ich zum Beispiel angucke, Drittmittel…

[00:44:46-1] Olaf Siegert:
…also Drittmittel spielen eine große Rolle. Zum einen, damit ich die Forschung machen kann, die ich gerne möchte. Ist natürlich wichtig, dass ich mir dafür auch Gelder hole, dann bin ich von meinem Institut oder von meiner Fakultät etwas unabhängiger. Und da muss ich gucken, welche Förderprogramme gibt es. Und da ist es natürlich so, wenn ich da viele Fördergelder einwerbe, ist das natürlich auch etwas, was in den Unis und in den Instituten sehr gerne gesehen wird. Das ist natürlich auch etwas, was meine Reputation auch steigert. Und dann auf der anderen Seite, wenn wir aber an die Verlage denken und die Bibliotheken und Institute und Forschungsförderer, da spielt Geld schon eine zentrale Rolle, weil die Verlage sind ganz oft die Rechteinhaber von den Fachzeitschriften, haben es also in der Hand, wie sie diese weitersteuern.

[00:45:34-9] Olaf Siegert:
Und sofern die halt noch nach dem Subskriptionsmodell funktionieren, muss es einen Anreiz geben für einen Verlag, dieses Modell umzustellen. Gerade wenn eine Zeitschrift zum Beispiel hohe Umsätze generiert übers Subskriptionsmodell, macht es betriebswirtschaftlich ja keinen Sinn, die nach dem Open Access-Modell…

[00:45:49-8] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:45:50-1] Olaf Siegert:
…umzustellen. Und da sozusagen, ist jetzt der Ansatz, dass man guckt, dass die andere Seite, die Geld hat, das sind die Bibliotheken und die Forschungsförderer, dass die praktisch das wissenschaftspolitische Ziel Open Access in die Hand nehmen. Und das ist letztlich das, was ich mit OA 2020 und mit Plan S ja schon beschrieben habe. Das passiert jetzt ja auch. Und da versucht man halt jetzt über solche sozusagen Verträge, Read and Publish-Verträge und Transformationsverträge, mit eingebauten Hebeln in diesen Verträgen, die Verlage dazu zu bringen, ich sage mal, monetär auch dann in diese Richtung halt zu gehen.

[00:46:29-0] Doreen Siegfried:
Sodass sie keine Verluste auch machen dann, ja.

[00:46:31-4] Olaf Siegert:
Genau. Und das ist eben das. Und das passiert eben vor allem in Ländern, die zum einen sehr stark nationalstaatlich organisiert sind und die über, sagen wir mal, viele Wissenschaftsgelder verfügen. Und vor allem jetzt in Europa zum Beispiel, wo es auch insgesamt eine sehr starke Bewegung Richtung Open Science insgesamt auch gibt, wird das eben sehr stark unterstützt. Und insbesondere in Westeuropa kann man sagen, dass die allermeisten Wissenschaftsländer sich hier auch mit solchen, in solchen Verträgen engagieren oder diese schon am Laufen haben und dadurch es auch sozusagen vermocht haben. Das sieht man teilweise sehr deutlich, weil sie mit fast allen großen Verlagen solche Verträge haben. Dass sie halt dann zeigen können, dass sozusagen der Forschungsoutput aus ihrem Land deutlich über 50 Prozent schon liegt. Das sieht man eben in mehreren Ländern und da wird jetzt versucht, eben noch die letzte Meile zu gehen. Also Niederlande, Schweden, das sind so Beispiele, Österreich halt auch, die mittlerweile eben schon sehr hohe Quote erreicht haben. Vor allem über diese Verträge, wo man dann sagt, okay, dann habe ich meinen Forschenden, jede, sozusagen, Angst genommen, prinzipiell – wir haben ja eben schon darüber gesprochen – im Open Access zu publizieren. Sie können in ihren Zeitschriften bleiben, also an den Rankings, an diesen ganzen Reputationszuweisungen ändert sich nichts. Und wissenschaftspolitisch haben wir halt dieses Ziel erreicht, dass es dann Open Access sozusagen zumindest in unserem Land oder unserer Forschungsorganisation vorangeht.

[00:47:55-5] Olaf Siegert:
Das ist allerdings im Augenblick, wenn man das so beobachtet, eben verbunden mit Zusatzzahlungen,

[00:48:00-5] Doreen Siegfried:
Ja, ja klar.

[00:48:00-0] Olaf Siegert:
weil logischerweise die Verlage ja sagen, okay, damit sich das lohnt, muss ich…

[00:48:05-1] Doreen Siegfried:
Muss ich noch ein bisschen was rauf legen. Ja.

[00:48:06-5] Olaf Siegert:
…meine bisher eingenommenen APC-Gebühren und meine bisher eingenommenen Subskriptionen, das müssen wir ja dann zusammen denken. Und darum sind diese Verträge in der Regel auch teurer als wenn, sage ich mal, ein Konsortium einen nur lesenden Zugriff wie im klassischen Modell, eben organisiert. Und die Hoffnung ist aber dann eben, wenn es halt in vielen Ländern so ist, dass dann man und zudem die Verträge, das ist ein weiterer wichtiger Punkt, die werden eben zunehmend auch nach dem Transparenzmodell auch angesehen. Das heißt zunehmend werden diese Verträge auch ins Netz gestellt. Das heißt, man kann sich das viel genauer angucken als es vorher bei diesen Subskriptionsverträgen war. Und dadurch hat man eben auch eine größere Marktübersicht.

[00:48:26-2] Doreen Siegfried:
Ah ja. Okay.

[00:48:46-9] Olaf Siegert:
Es gibt ja sogar so eine Registry…

[00:48:48-6] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:49-6] Olaf Siegert:
… sozusagen, ESAC Registry nennt sich das Ganze. Wo halt diese sogenannten Transformationsverträge oder Read and Publish-Verträge aufgelistet sind von diversen, ich weiß nicht, also von doch deutlich, weiß ich nicht, 20 Ländern oder so, sind da schon diese Verträge drin oder zumindest wichtige Metadaten da raus. Und dann kann man halt dann schon einen besseren Eindruck gewinnen. Und zudem findet auch eine Vernetzung statt zwischen den Verhandlungsführern in den einzelnen Ländern oder einzelne Forschungsorganisationen untereinander, sodass da auch noch mal geguckt wird, wer hat eigentlich bislang so den besten Vertrag gehabt? Und dann sagt man okay, wenn die das haben, dann wollen wir beim nächsten Mal mit dem Verlag aber auch so abschließen.

[00:49:27-6] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:49:28-8] Olaf Siegert:
Und dann.

[00:49:28-9] Doreen Siegfried:
Aber ich kann mir das auch vorstellen unter den Verlagen. Wenn jetzt beispielsweise, Springer hat jetzt, mal jetzt Fantasiezahl, drei Prozent nochmal obendrauf gekriegt für die Transformation. Sagt Wiley: Also okay, wenn Springer drei Prozent hat, möchte ich aber auch drei Prozent.

[00:49:45-5] Olaf Siegert:
Genau. Also so, klar, also das ist auch schon so ein Punkt. In Deutschland hat man ja diese Deal-, sozusagen PAR-Fee, wie man das dort nennt – Published and Read Fee – hat man ja veröffentlicht und so. Das hat auch Auswirkungen gehabt, das haben auch jetzt mehrere in anderen europäischen Ländern auch gesagt, auf Verhandlungsergebnisse in anderen Ländern. Weil dann gesagt wird, in Deutschland haben wir aber dann das, also wollen wir das auch als Ausgangspunkt nehmen für Abschlüsse in anderen Ländern. Also, das geht so in alle Richtungen. Aber wir erleben hier wahrscheinlich schon so eine gewisse Konvergenz. Die Frage ist am Ende des Tages, machen hinreichend viele Länder mit, um sozusagen in den wichtigen Zeitschriften zu einem Flipping zu kommen.

[00:50:25-8] Olaf Siegert:
Das ist so, wenn man da so mal in die Glasschüssel guckt oder in die Zukunft schaut, in die Glaskugel schaut, wird das klappen? Und das andere ist halt eben zu welchem Preis? Also werden wir insgesamt am Ende des Tages, wenn wir da hinkommen, weniger Ausgaben haben in dem Bereich oder mehr?

[00:50:51-8] Olaf Siegert:
Und beide Fragen sind, glaube ich, im Moment noch offen, aber es wird auf jeden Fall in den nächsten Jahren sehr interessant werden. Also ich würde mal sagen, so die nächsten drei bis fünf Jahre sind eine spannende Zeit, weil sich das in Europa auch zunehmend verfestigt, diese Verträge. Und dann musst Du eben gucken, welchen Effekt hat das und vor allem, wird es über Europa hinaus strahlen? Also da gibt es bislang hier und da mal einzelne Dinge, die darüber hinaus strahlen, aber Europa hat ja sozusagen am globalen Output, ich glaube, ungefähr ein Viertel des globalen Journal Artikel Outputs kommt aus Europa. Das ist noch nicht die, dieser Shifting-Wert, der dann irgendwie erreicht werden muss. Klar, in manchen Zeitschriften, je nach Fachdisziplin, kann es sein, aber ich sage mal, global auf alle noch nicht. Da müssten halt andere große Länder auch noch einsteigen. Und da ist halt jetzt die Frage, wird das passieren? Und wo wären wir, wenn das passiert? Wo werden wir am Ende des Tages liegen mit den globalen Ausgaben für Publikationen im Vergleich zur vor Open Access-Zeit?

[00:51:51-9] Doreen Siegfried:
Ja. OK. Ja, eine Frage, noch bevor wir dann auch schon am Ende sind unserer Zeit. Ich hatte dich ja anmoderiert als Open Access-Experten und Open Access-Beauftragten. Und wir hatten ja auch schon gesagt, wer sich nicht ganz sicher ist, wie das jetzt genau funktioniert und so weiter, bitte an den lokal ansässigen oder die lokal ansässige Open Access-Beauftragte:n wenden. Wenn jetzt Leute, die jetzt hier zugehört haben, für sich festgestellt haben: okay, ich glaube, ich kann da noch eine Schippe drauflegen, was meine Open Access Publikationen betrifft, kannst du vielleicht mal so drei Tipps formulieren? Also außer „Wenden Sie sich an Ihren Open Access-Beauftragten“? Also, was, wie kann man in das Thema einsteigen? Oder was sind so schnelle Quick Wins? Also was sind so schnelle Schritte?

[00:52:49-0] Olaf Siegert:
Puh. Ich denke schon, dass man schauen sollte, also gerade wenn wir über Nachwuchswissenschaftler oder Nachwuchswissenschaftlerinnen sprechen, würde ich schon bei aller Open Access Euphorie auch immer sagen, schaut auf euren Karrierepfad. Also das finde ich schon auch wichtig. Und guckt auch, dass ihr nicht irgendwo in dubiosen Open Access-Journals veröffentlicht. Also das ist diese ganze Predatory Debatte. Und dann aber schon auch zu gucken, welche Möglichkeiten gibt es? Gibt es wirklich nur das eine Journal, wo ich jetzt veröffentlichen kann? Gibt es vielleicht auch mehrere zur Auswahl? Und dann auch wirklich mal hinter nur den Journaltitel gucken, also einfach mal zu gucken, welche Verlage stehen denn dahinter? Und gibt es vielleicht mit diesen Verlagen, gibt es da bestimmte Open Access-Abkommen, wo ich sozusagen ohne weitere Probleme auch dann im Open Access publizieren kann? Weil, wie gesagt, gerade in Deutschland, wenn wir jetzt vor allem hier an den deutschen Markt denken, gibt es mittlerweile doch diverse Verträge nicht nur auf DEAL-Ebene, sondern auch teilweise da drunter mit sozusagen auch kleineren Verlagen. Und je nachdem, an welcher Einrichtung ich auch sitze, kann man hier tatsächlich auch gut Open Access publizieren. Die ZBW, wenn ich nochmal ein bisschen Eigenwerbung machen darf, hat ja auch Verträge zum Beispiel für die Leibniz-Gemeinschaft auch abgeschlossen, zum Beispiel mit den Verlagen de Gruyter oder Taylor & Francis, die ja auch für die Wirtschaftsforschung nicht ganz unwichtig sind. Und das ist vielleicht auch nicht überall bekannt. Und auch da kann man dann eben zum Beispiel zum Ziel kommen.

[00:54:24-0] Doreen Siegfried:
Okay, super. Herzlichen Dank Olaf für das sehr informative Gespräch rund um den Publikationsmarkt, rund um das Thema Open Access.

[00:54:35-6] Doreen Siegfried:
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn Ihnen das gefallen hat, schicken Sie uns gerne Feedback. Abonnieren Sie weitere Folgen des Podcasts „The Future is Open Science“. Den Podcast gibt es über Spotify, über iTunes und wir freuen uns, wenn Sie wieder einschalten. Ich freue mich aufs nächste Mal. Auf Wiederhören!