Folge 32: Open Science Education

The Future is Open Science – Folge 32: Open Science Education

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Dr. Doreen Siegfried
Leitung Marketing und Public Relations, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

Dr. Kai Matuszkiewicz
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Koordinator des medienwissenschaftlichen Open-Access-Fachrepositoriums media/rep/ am Institut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg

[00:00:00] Intro

[00:00:04] Kai Matuszkiewicz:
Ich glaube, dass es dazu auch notwendig ist, dass wir, dass wir Fachlehre auch neu denken. Open Science verändert unsere Arbeitspraktiken grundlegend. Das heißt, es bringt neue Methoden, neue Tools und neue Inhalte mit sich. Und in dem Kontext bin ich davon überzeugt, dass es nicht sinnvoll ist, zu sagen, wir machen nur einzelne Veranstaltungen, die sich damit befassen, sondern wir müssen es allgemein breit in die Lehre einsickern lassen, auf voller Front.

[00:00:33] Kai Matuszkiewicz:
Aber auf der anderen Seite bietet Open Science in seinen Prinzipien und durch die Reflexionsmöglichkeiten, die es uns anbietet, auch die Möglichkeit, die Art und Weise, wie wir digitale Transformation an den Hochschulen gestalten, gestalten können oder gestalten sollten und hat dadurch auch so eine Rückwirkung dann auf die digitale Transformation. Deswegen sind das aus meiner Sicht ein Paar, was in permanentem zirkulären Austausch steht.

[00:01:05] Doreen Siegfried:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „The Future is Open Science“, dem Podcast der ZBW. Mein Name ist Doreen Siegfried, und ich treffe mich hier mit ganz unterschiedlichen Leuten aus dem Wissenschaftsbetrieb, die Ihnen verraten, wie sie in ihrer täglichen Arbeit Open Science voranbringen. Heute reden wir über die Integration von Open Science in die Lehre, wir diskutieren die Herausforderung für die Studierenden. Was bedeutet es für die? Wir reden über den Einsatz digitaler kollaborativer Werkzeuge in der Lehre und betrachten zu dem auch die Chancen und Herausforderungen der Verbindung von digitaler Transformation und Open Science-Prinzipien. Und für dieses Thema zu Gast habe ich heute einen Medienforscher und auch Experten auf den Gebieten der Game Studies und Medien und Hochschuldidaktik. Und darüber hinaus engagiert sich unser Gast auch aktiv im Bereich Open Science, Open Access und wissenschaftlicher Kommunikation. Herzlich willkommen, Dr. Kai Matuszkiewicz !

[00:01:18] Kai Matuszkiewicz:
Guten Morgen und ganz herzlichen Dank für die Einladung.

[00:01:22] Doreen Siegfried:
Sie haben in der Lehre einen ja Testlauf, nennen wir es mal, gemacht mit ihren Studierenden und haben dort Themen wie Open Access, Open Data, Open Educational Resources, Open Methodology, Open Peer Review, Open Source und so weiter und so weiter, nicht nur theoretisch besprochen. Ein wichtiger Aspekt war es auch, in diesem Seminar oder in dieser Seminarreihe Offenheit auch aktiv in der Lehre umzusetzen. Was haben Sie hier konkret gemacht und wie sind Ihre Erfahrungen?

[00:02:53] Kai Matuszkiewicz:
Also wichtig war mir von vornherein auch, die Studierenden aktiv an der Seminargestaltung zu beteiligen, das heißt beispielsweise bei der Auswahl der Inhalte. Grundsätzlich waren die Seminare auch sehr, sehr diskursiv angelegt, sodass ich auch immer sehr zeitnah auf den Feedback und Input der Studierenden reagieren konnte. Zudem haben wir kollaborative Arbeitstechniken eingesetzt, die für Open Science typisch sind. Und wir haben Offenheit jetzt nicht nur in dem Sinne verstanden, dass wir gesagt haben, es geht darum, Open Science-Prinzipien abzuarbeiten, sondern Offenheit in den verschiedenen Facetten zu betrachten, was es für Wissenschaft und was es für Medienwissenschaft bedeutet. Und eine der Facetten, die da für uns zum Beispiel ganz wichtig war, ist, Offenheit als eine Reflexionsfolie zu betrachten. Und wo man dann beispielsweise auch die Austauschprozesse, die zwischen der Wissenschaft, der Kultur, der Gesellschaft, der Politik stattfinden, also in beide Richtungen, dass man die analysieren kann. Sodass man, wenn man möchte, im Prinzip Offenheit auch eine Reflexionsfolie für das begreifen kann, was wir an Hochschulen häufig so unter dem Begriff Third Mission subsumieren.

[00:04:04] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und wenn Sie sagen, Sie haben erstmalig neue Tools eingefügt oder eingeführt, die vornehmlich zur Kollaboration dienten, welche Herausforderungen haben sich denn für die Studierenden ergeben? Die, die damit jetzt konfrontiert wurden?

[00:04:21] Kai Matuszkiewicz:
Also im Hinblick auf die Tools sind es natürlich, einerseits ist es diese nicht vorhandene Vertrautheit mit den Tools gewesen, aber auch die damit zusammenhängenden Methoden, die nicht unbedingt bekannt gewesen sind. In der Medienwissenschaft ist es so, dass die ursprünglich mal in den 70ern, 80ern aus der Literaturwissenschaft entstanden ist und einen sehr starken Fokus auf Einzelmedienanalyse hat. Das ist aber etwas, was uns, wenn wir Open Science analysieren wollen oder mit Open Science analysieren wollen, nur bedingt hilft, weil da brauchen wir eher so einen praxeologischen Blick, also einen Blick auch auf wissenschaftliche Arbeitspraktiken als Medienpraktiken. Und dementsprechend brauchen wir praxeologische Betrachtung des Ganzen. Und das ist was, was für viele Studierende auch so ein bisschen ungewohnt war, gerade weil diese praxeologische Methoden häufig auch mit digitalen Methoden zusammenhängen. Das war dann mit den Tools eine Herausforderung. Allgemein aber natürlich auch die neuen Themen. Also mit Open Science-Prinzipien oder Open Science kommen Themen in die Lehre, die aus der bisherigen Fachlehre nicht so bekannt waren und die für manche Studierende dann auch so ein bisschen abstrakt waren und da im Prinzip auch so einen neuen Bereich der Fachlehre aufgemacht haben.

[00:05:32] Doreen Siegfried:
Und haben Sie vielleicht mal ein Beispiel, was für neue Themen da plötzlich auf die Studierenden zu kamen?

[00:05:36] Kai Matuszkiewicz:
Ja, das ist, wenn wir uns zum Beispiel die Prinzipien angucken, die Open Science-Prinzipien, und dann beispielsweise auf Open Data schauen. Es ist so, dass weite Teile der Medienwissenschaft heute noch einen sehr starken hermeneutischen Bezug haben. Und in manchen Teilen dieser Disziplin oder Teildisziplin ist die Frage: Gibt es Daten an und für sich? immer noch eine umstrittene.

[00:06:01] Doreen Siegfried:
Aha, okay.

[00:06:01] Kai Matuszkiewicz:
Oder haben wir in Anführungsstrichen nicht nur Bücher, die wir lesen? Und da beginnt dann sozusagen diese die Schwierigkeit der Auseinandersetzung mit der Thematik Open Data schon bei dem Datenbegriff. Und was sind Daten, was können Daten sein? Und dann beginnt man, darüber zu sprechen. Und das ist halt auch schon so was, was ein bisschen abstrakt ist. Man merkt dann relativ schnell auch, ein Exzerpt kann ein Forschungsdatum sein. Auch Literaturlisten können natürlich Forschungsdaten sein, je nachdem, was ich wie untersuche. Aber das ist was, was jetzt für viele jetzt nicht so intuitiv eingängig ist und dadurch sind dann teilweise die Hürden da, die man dann adressieren, ansprechen muss. Aber dann auch dementsprechend dahin kommt, dass man dann sowas wie Open Data besprechen kann.

[00:06:48] Doreen Siegfried:
Okay. Wenn Sie sagen, es ging auch um die Arbeit mit den Studierenden, wie wurden denn die Studierenden aktiv in die Gestaltung der Seminarsitzung und auch in die Auswahl der Themen einbezogen? Und wie hat sich das dann gegebenenfalls sogar auch auf das Lernergebnis ausgewirkt?

[00:07:04]  Kai Matuszkiewicz:
Ja, also das Hauptinstrument, was ich dazu eingesetzt habe, weil für mich persönlich bedeutet Open Science Diskurs. Also permanenten Diskurs, Aushandlung, Austausch. Und deswegen war es für mich wichtig, dass wir vor allen Dingen auch im Seminar immer darüber sprechen. Also dass wir nicht nur über die Themen diskutieren, sondern dass wir sozusagen zeitgleich auch immer Manöverkritik machen können. Und das hat sich als ein gutes Instrument herausgestellt, um quasi direkt Feedback einzuholen, wenn es darum ging, wie Seminarsitzungen gestaltet werden sollen. Weil es gab zum Beispiel auch freie Seminarsitzungen, die thematisch von vornherein nicht belegt waren. Es waren einige belegt mit beispielsweise, Open Science-Prinzipien die sehr zentral sind, die natürlich besprochen werden mussten. Aber einige Sitzungen waren auch frei. Und das war ganz den Studierenden überlassen, wie sie die eben ausfüllen sollen. Und da war es dann beispielsweise so, dass wir Themen im Seminar gesammelt haben, aber dann beispielsweise in der Abstimmung im Lernmanagementsystem zur Abstimmung gestellt haben und dadurch dann quasi per demokratischem Prinzip zur Themenfindung gekommen sind.

[00:08:12] Doreen Siegfried:
Ja. Okay, verstehe. Inwiefern hat dann das Seminar letztlich so die Wahrnehmung auch der Studierenden über die Bedeutung von Offenheit in der Medienwissenschaft beeinflusst? Sie hatten ja gesagt, Offenheit wird hier in seinen vielen Dimensionen betrachtet. Also welche Reaktionen haben Sie da beobachten können?

[00:07:37] Kai Matuszkiewicz:
Genau also, das spannendste war daran jetzt nicht so zu sehen, wie sich die Studierenden zu Open Science-Prinzipien verhalten und wie sie langsam mehr und mehr mit denen vertraut werden, auch wenn das natürlich sehr wichtig ist. Sondern das interessanteste war zu sehen, wie die Studierenden dann diesen, diesen Gedanken von Open Offenheit als Reflexionsfolie aufgenommen haben und wir das dann auf verschiedene Bereiche übertragen haben, immer in dieser Betrachtung der Wechselwirkung Wissenschaft mit einer anderen Entität oder auch innerwissenschaftliche. Also paar Beispiele: Wir haben uns beispielsweise, wenn es darum ging, zu fragen: „Was bedeutet Öffnung der Lehre?“ Also was bedeutet Offenheit für die Lehre? Haben wir dann auch über natürlich über verschiedene Lehr-Lernformate diskutiert und uns dann auch die Frage gestellt, inwiefern sind diese beispielsweise an Hochschulen umsetzbar, wenn wir uns die gegenwärtige Architektur angucken. Und inwiefern versinnbildlicht sich auch Einstellung zur Offenheit in Architektur oder ermöglicht oder verunmöglicht? Und dann haben wir beispielsweise über Deutsche Hörsäle diskutiert. Die, wo alle Personen ausgerichtet sind auf eine Person vorne, die spricht, wo quasi die Interaktionsdynamiken sehr eingeschränkt sind. Und das dann beispielsweise mit skandinavischen Lehrraumkonzepten verglichen, wo wir heute Lehrgebäude haben, die im Prinzip gar keine Wände innen drin haben, sondern wo verschiedene Hubs drin sind. Wo sich Gruppen individuell zusammenfinden können, in Einzelarbeit, in Gruppenarbeit, in Partner:innenarbeit, um dann dementsprechend die Inhalte, was sie lernen wollen, wie sie lernen wollen, adressieren zu können, besprechen zu können, lernen zu können. Und das ist dann natürlich auch ein ganz anderes… – also nicht nur eine ganz andere Möglichkeit von Lehre, sondern auch ein ganz anderes Verständnis von Lehre und wie sich das dann auch in Architektur letztlich manifestiert. Das war beispielsweise so ein Punkt, wo die Studierenden dann sehr, ja einige, gesagt haben, wir hätten nicht gedacht, dass es dann auch um sowas gehen würde. Oder andere Themen, wenn wir jetzt so auf dieses Wechselspiel eingehen zwischen Wissenschaft und beispielsweise den anderen Bereichen des Bildungssektors, das wir dann darüber gesprochen haben, inwiefern quasi also einerseits nicht nur Open Science verwendet werden kann oder Prinzipien, die Ideale von Open Science, um beispielsweise die Schulbildung diskursiver zu gestalten oder gerade zum Beispiel Prüfungsformate wie das Abitur zu reflektieren oder ob das noch zeitgemäß ist, gerade in Hinblick auf Berufspraxis. Sondern sich auch zu fragen, inwiefern oder welche Voraussetzungen müssen beispielsweise in der Schule gegeben sein, um Studierenden den Einstieg in Open Science zu erleichtern. Dass man das so quasi als einen kontinuierlichen Prozess, als einen kontinuierlichen Lernprozess betrachtet, zum offenen Arbeiten hin, der schon in der Schule beginnt.

[00:11:27] Doreen Siegfried:
Sie haben jetzt gerade das Thema Prüfung thematisiert. Da frage ich mich natürlich, ich kenne das so aus Seminaren, das vorab von der Lehrkraft festgelegt wird, was ist prüfungsrelevant, was ist klausurrelevant? Und dann in dem Seminar doch regelmäßig die Frage kommt „Müssen wir das lernen, ist es klausurrelevant?“ und so weiter. Wie funktioniert denn sowas, wenn die Gruppe sich tatsächlich ihre Lerninhalte selber zusammensetzt? Haben Sie über das Thema Reformation von Prüfungsleistungen auch gesprochen oder wie wurde das in der Praxis dann am Ende umgesetzt?

[00:12:00] Kai Matuszkiewicz:
Wir haben … da haben wir auch sehr viel darüber gesprochen. Wir haben in unserem Seminar selbst ist das mit einer Hausarbeit abgeschlossen worden. Was den Vorteil hatte im Unterschied zu einer Klausur, dass man natürlich Themen sehr viel individueller adressieren kann. Also wir hatten dann beispielsweise auch Hausarbeitsthemen, die jetzt auf den ersten Blick jetzt nicht was mit Open Science direkt zu tun haben, wo es dann beispielsweise darum ging, auf American Football geguckt. Also American Football ist ja ein Bereich, wo es sehr stark um Datafizierung geht, und da wurde dann gefragt, inwiefern könnten Prinzipien des von Open Data eingesetzt werden, um diesen, diesen Bereich des Umgangs mit Daten transparenter zu machen. Oder auch auf die Gaming Industrie übertragen. Inwiefern könnte der Umgang mit bestimmten Produktionszahlen oder Daten transparenter sein? Aber auch wieder reflektiert, inwiefern ist es jetzt aus rechtlichen und forschungsethischen Gründen schwierig, beispielsweise mit Nutzendendaten offen umzugehen. Also wo hat Open Data beispielsweise auch Grenzen? Aber wir haben natürlich darüberhinausgehend über das, was wir in den Hausarbeiten machen wollten, auch reflektiert, inwiefern ist es denn überhaupt sinnvoll, noch zum Schluss eine Prüfung zu machen. Oder sind nicht andere Prüfungsformen wie ein Lehrportfolio, dessen Teile kontinuierlich erstellt werden, ist das nicht sinnvoller? Oder ist es nicht allgemein sinnvoll, wenn man bei der Endprüfung bleibt, dass man dann verstärkt auch auf andere Formate zurückgreift, zum Beispiel Videoformate, Audioformate und so weiter und so fort?

[00:13:34] Doreen Siegfried:
Ja. Okay.

[00:13:35] Kai Matuszkiewicz:
Das ist auch ein breites Thema.

[00:13:36] Doreen Siegfried:
Ja, spannend. Wenn wir nochmal zurückgehen auf die Themen, die sozusagen unter dem großen Dach Open Science gefasst werden können. Welche konkreten Aspekte von Open Science haben Sie denn in ihrem Seminar behandelt? Und wie wurden die Themen vermittelt und diskutiert? Und vielleicht noch eine Nebenfrage, Sie kommen ja sozusagen auch aus den Game Studies, welche Erkenntnisse konnten Sie denn aus diesem Bereich da noch einflechten?

[00:14:02] Kai Matuszkiewicz:
Also, wir haben uns bei den Open Science-Prinzipien haben wir uns so auf die gängigsten konzentriert. Also natürlich Open Access, Open Data, Open Source. Dann auch mit einem primären Fokus auch auf Open Source-Software, aber auch Umsatzmöglichkeiten, Umsetzungsmöglichkeiten von Open Source-Hardware diskutiert. Wir haben aber auch über Open Peer Review, offene Methodologien und über Citizen Science gesprochen. Das war ein Bereich, der war für die Studierenden sehr interessant, und ich glaube, die meisten Hausarbeiten sind sogar zu Citizen Science entstanden. Weil das dann wir hatten da so ein paar Beispielprojekte aus der Medienforschung, das hat die Studierenden dann sehr, sehr interessiert. Aber, wie gesagt, haben das wir eben schon erwähnt, auch erweitert beispielsweise Richtung, wie gehen wir mit Daten aus der Spieleindustrie um. Und da kam dann zumindest am Rande natürlich, die Game Studies auch wieder rein, ohne dass wir uns allzu tief in den Game Studies verloren haben.

[00:15:01] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Sie haben jetzt total viele Themen schon angesprochen, wo man tatsächlich das System Wissenschaft oder Bildung verändern könnte. Welche Lessons Learned haben sie denn aus dem Seminar gezogen? Und welche Erkenntnisse oder Empfehlungen können Sie denn vielleicht so für zukünftige Lehrveranstaltungen zu dem Themenkomplex Open Science vielleicht auch in anderen Disziplinen ableiten?

[00:15:24] Kai Matuszkiewicz:
Also, die Lessions Learned, die ich gezogen habe, ist, dass kollaborative Arbeitstechniken sehr, sehr wichtig sind. Dass sie… Also, wir haben beispielsweise mit einem Etherpad gearbeitet, wenn es um das Protokollieren von Diskussionsergebnissen ging, oder mit  Zotero Groups, wenn es um die gemeinsame Literaturverwaltung, -ergänzung und so weiterging. Wir haben aber auch schnell festgestellt, dass es eher so bei diesen minimal geforderten Aktivitäten geblieben ist und intrinsisch gesehen wenig darüber hinaus entstanden ist. Sodass es im Prinzip für folgende Projekte wichtig ist: Also, ich würde da kollaborative Arbeitstechniken noch stärker ins Zentrum rücken, als das jetzt war. Aber auch stärker begleiten, betreuen und auch incentivieren. Ich habe aus ähnlichen Projekten, wo es, aus ähnlichen Seminaren, wo es beispielsweise um das Erstellen eines gemeinsamen Wikis ging, auch ähnliche Erfahrungen gemacht. Und wenn man das dann so ins Zentrum rückt und sehr eng betreut, dann funktioniert das sehr gut. Das würde ich auf jeden Fall für die Zukunft machen. Ich würde die Abstraktheit der Themen zukünftig noch stärker im Vorfeld mit reflektieren, als ich das jetzt gemacht habe, und gerade auch so die Neuheit der Themen. Aber auch nicht davor zurückschrecken, das zu thematisieren, auch wenn es was Unbekanntes ist. Also, es kam dann natürlich so die Rückmeldung: Ja, die Themen waren teilweise sehr, sehr neu, es ging damit sehr viel technisches und teilweise auch informatisches einher, was dann auch von den Studierenden im Nachhinein als Herausforderung artikuliert worden ist. Aber ich würde da zukünftig dennoch nicht vor zurückschrecken, das zu machen. Und was ich künftig machen würde, ist, das jetzige Seminar hatte so einen sehr stark überblicksartigen Charakter. Ich würde künftig, glaube ich, versuchen, gerade noch stärker ins Detail zu gehen, also nicht Open Science nur als Gesamtes fokussieren, sondern auf einzelne Prinzipien oder Bereiche, mich stärker kaprizieren. Und das dann auch noch anwendungsbezogener machen. Zum Beispiel im Open Source-Sektor, dass man da dann viel stärker mit beispielsweise Videoschnittprogrammen oder Audiobearbeitungsprogrammen arbeitet, also was auch für die medienpraktische Arbeit der Studierenden in unserem Fach wichtig ist. Oder dass man beispielsweise, wenn es um Daten geht, viel mehr auch mit Datenanalyse macht und auch zeigt, was man dann damit machen kann, gerade in Fächern, die noch so ein bisschen verhaltenes Verhältnis zum Konzept von Daten und zu dem, was Daten sind, haben.

[00:17:57] Doreen Siegfried:
Ja, interessant. Wenn sie jetzt sagen, sie würden sozusagen Kollaboration incentiveren, das heißt, Sie würden, man hat ja häufig, ich kenne das, wenn man in der Gruppe arbeitet. Dann gibt es immer die Leute, die das alles in die Hand nehmen und richtig sich reinwerfen in den Job und die anderen die vielleicht am Ende nochmal ein Kommentar machen, ansonsten sich eher so ein bisschen zurückhalten. Das heißt, Sie würden, Sie würden Leute belohnen dafür, dass sie intensiv mitarbeiten. Oder wie würden Sie das konkret umsetzen?

[00:18:24] Kai Matuszkiewicz:
Also, man kann es natürlich einerseits gamifizieren. Aber diese Art – ich arbeite ja auch im Gamification Bereich – diese Art der Gamification, die jetzt so nur auf Wettbewerbselemente setzt, die finde ich nicht so interessant. Zumal das meistens auch nur die Studierenden anspricht, die so ein Wettbewerbsappeal haben. Diejenigen, für die das soziale Kollaborative wichtig ist, für die ist das häufig nicht so interessant. Man kann natürlich einen Anreiz darüber reinbringen, indem man sagt, das ist Teil der Studienleistung. Aber das ist, glaube ich, nur ein Teil. Also, es ist aus meiner Sicht wichtig, dass man, dass man stärker und auch kleinteiliger mit den Studierenden in die Kommunikation geht und sie wirklich auch in diesem Prozess dahingehend auch begleitet, dass man auch Kommunikation einfordert. Von den den Studierenden aus, dass dann quasi einfach mehr kommuniziert werden muss, was sind Probleme und es auch stärker in die Seminarsitzung einbindet. Also, man kann, was wir jetzt nicht gemacht haben, weil wir einen sehr stark thematisch orientierten Ablauf hatten, ist, dass man natürlich auch das Richtung agiles Projektmanagement denken kann, dass man sagen kann, wir machen gerade, wenn es anwendungsbezogen werden soll, Projekte. Und wir entwickeln die eben agil. Und da sprechen wir am Anfang jeder Sitzung, quasi am Beginn des Weeklys, immer darüber, was sind sozusagen die Herausforderungen gewesen, auch bei dem kollaborativen Arbeiten, kommunizieren, dokumentieren und so weiter. Um das dementsprechend auch wirklich bewusster dann angehen zu können, Probleme ausräumen zu können und auch so ein bisschen die Studierenden allgemein stärker dazu bringen zu können, sich damit auseinander zu setzen.

[00:19:54] Doreen Siegfried:
Also, das heißt, das Incentive wäre dann in der Form Aufmerksamkeit Ihrerseits als Seminarleiter.

[00:20:00] Kai Matuszkiewicz:
Betreuung, genau.

[00:20:01] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Jetzt haben Sie gesagt, okay, die, Studierenden waren erschrocken, wie viel Informatik Skills sie da letztlich erlernen sollten. Würden Sie hier sagen, das ist aber leider die Zukunft, und das hat jetzt nichts mit Open Science zu tun, sondern die Medienwissenschaften müssen halt entsprechend ihre Routinen vielleicht auch etwas anpassen?

[00:20:26] Kai Matuszkiewicz:
Ich würde das alles so sagen, ich würde nur das „leider“ streichen.

[00:20:28] Doreen Siegfried:
Ja.

[00:20:29] [beide lachen]

[00:20:29] Kai Matuszkiewicz:
Also ich würde sagen, es ist die Zukunft nicht nur der Medienwissenschaft, sondern auch der Geisteswissenschaften allgemein. Also, ich glaube, unabhängig davon, wie man es mit dieser berühmten Gretchenfrage hält. Also wie halten es die in Anführungsstrichen traditionellen Humanities mit den Digital Humanities? Unabhängig davon muss man, glaube ich, konstatieren, dass die Zukunft der Geisteswissenschaften eine digitale ist und dass es auch nichts Schlimmes ist. Wer arbeitet denn heute nicht mit Literaturverwaltungsprogrammen? Wer nutzt heute nicht die Möglichkeiten des kollaborativen Schreibens über die dementsprechenden Tools und Plattformen? Wer nutzt denn heute nicht für Publikationen und Forschungsdaten die dementsprechenden Infrastrukturen? Das sind so die Bereiche, die vielen leicht von der Hand gehen, weil da Benefits gesehen werden. Bei anderen Bereichen, wo die Benefits nicht so schnell gesehen werden, muss man da vielleicht noch die Leute, die noch nicht ganz motiviert sind, mitnehmen. Aber grundsätzlich ist das ist das der Weg, wohin es geht, und das ist ja auch nichts Schlimmes.

[00:21:31] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Mich interessieren noch so ein bisschen die Erfahrungen der Studierenden, die Sie beobachtet haben. Also wie haben denn Ihre Studierenden auf diesen didaktischen Ansatz des Seminars reagiert, Offenheit eben nicht nur theoretisch zu vermitteln, sondern auch aktiv in der Lehre umzusetzen? Also haben Ihre Studierenden die Herangehensweise als bereichernd empfunden? Sie hatten jetzt schon gesagt, es gab so ein bisschen tiefes Durchatmen beim Thema informatische Komponenten. Aber was haben Sie sonst noch beobachten können an Reaktionen?

[00:22:02] Kai Matuszkiewicz:
Ja, also neben den eben genannten gab’s, wurde als Herausforderung zurückgemeldet, was wir auch schon thematisiert hatten, dass die Themen teilweise abstrakter sind. Dass es neue Themen sind. Dass der methodische Ansatz ein anderer ist. Aber es gab auch auf der Seite der Pros, wenn man will, sehr, sehr viel und nicht nur Cons. Die Studierenden fanden zum Beispiel auch bei dem Leben von Offenheit gut, dass sie so aktiv an der Seminargestaltung beteiligt wurden, und zwar in den Seminarsitzungen, wie auch beispielsweise die Themenfindung betreffend. Und was, was viele spannend fanden, ist, zu sehen, wenn man gerade diese Offenheit als Reflexionsfolie verwendet, in welchen Bereichen Medienwissenschaft die Reflektion auf der einen Seite relevant sein kann, aber auf der anderen Seite, welche Bereiche der Medienwissenschaft man dadurch alle reflektieren kann. Und da kam da doch von einigen die Rückmeldung, dass sie nicht gedacht hätten, dass man so was in der Medienwissenschaft machen kann. Und das war das, was ich persönlich noch so am spannendsten fand.

[00:23:03] Doreen Siegfried:
Ja, super. Welche Rolle spielen denn Ihrer Meinung nach Bibliotheken an Universitäten oder auch Graduiertenschulen bei der Integration von Open Science in die fachliche Lehre? Also wie können diese Arten von Einrichtungen sie dabei unterstützen, Open Science-Lehrangebote zu fördern oder auch zu etablieren?

[00:23:22] Kai Matuszkiewicz:
Also, die spielen aus meiner Sicht eine ganz, ganz zentrale Rolle. Also gerade, wenn wir mal zum Beispiel uns die Bibliotheken anschauen, die ja auch schon viel machen, also die auch schon viel Lehr-Lernangebote in die Richtung anbieten. Glaub ich aber, dass wir da, auch gerade jetzt im Sinne der Offenheit, dass wir da stärker kooperieren müssen. Weil bisher ist es teilweise so, je nach Standort auch, dass es teilweise sehr siloartig stattfindet. Es gibt die Angebote der Universitätsbibliotheken, es gibt die Angebote von Graduiertenschulen, es gibt das, was die Fachlehrer machen und was eventuell andere zentrale Einrichtungen, Fachbereiche und so weiter anbieten. Und ich glaube, wir müssen das alles zusammenziehen, auch in dem Sinne beispielsweise, dass man, dass man Teamteaching macht. Also dass man, quasi fachliche und informationsfachliche Perspektive, dass man die in einer Veranstaltung auch verschmilzt. Das aber natürlich auch bedeutet, Bibliotheken beispielsweise als Orte von Lehre und Forschung noch ernster zu nehmen, als das bis heute getan wird. Weil es wird ja tolle Lehre angeboten an Bibliotheken, es wird teilweise ganz exzellente Forschung betrieben, aber es ist ja dann teilweise immer so eine Forschung zweiten Ranges gegenüber dem, was an den Fachbereichen gemacht wird. Und ich glaube, wenn wir uns davon so ein bisschen schaffen, zu lösen und dann so Kooperationen auf Augenhöhe machen, ist das, glaube ich, kann das für die Studierenden nur zum Vorteil gereichen. Und auch, wenn man an Graduiertenschulen denkt, für die Promovierenden.

[00:24:46] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Das heißt, es muss mehr so im Tandem gearbeitet werden? Ja, spannend. Welche zukünftigen Schritte könnten Sie denn, nach Ihrer jetzigen Erfahrung, welche zukünftigen Schritte könnten denn noch unternommen werden, um tatsächlich Open Science noch weiter in die Lehre zu integrieren. Also jetzt auch vielleicht an ihrem Beispiel in die Medienwissenschaftliche Lehre? Also gibt es da noch Ideen oder Vorschläge für neue Ansätze, Projekte auf diesem Gebiet? Neben dem, was Sie schon gesagt haben, also ein bisschen mehr ins Detail gehen müssen, mehr in die Praxis gehen und sich verbinden mit anderen Akteuren auf diesem Gebiet. Wie kann das, wie kann das sozusagen noch stärker rein diffundieren in die Lehre?

[00:25:28] Kai Matuszkiewicz:
Ich glaube, dass es dazu auch notwendig ist, dass wir, dass wir Fachlehre auch neu denken. Open Science verändert unsere Arbeitspraktiken grundlegend. Das heißt, es bringt neue Methoden, neue Tools und neue Inhalte mit sich. Und in dem Kontext bin ich davon überzeugt, dass es nicht sinnvoll ist zu sagen, wir machen nur einzelne Veranstaltungen, die sich damit befassen, sondern wir müssen es allgemein breit in die Lehre einsickern lassen, auf voller Front. Weil es letztlich auch… Es betrifft, das Lesen, das Schreiben, das Analysieren, das Publizieren, das interne wie externe Kommunizieren, das Managen und so weiter. Deswegen, glaube ich, müssen wir das wirklich sehr, sehr, sehr grundlegend und sehr tief in die gesamte Lehre einfließen lassen. Und dann natürlich noch ergänzt um solche Aspekte wie, dass man dann auch anwendungsbezogener wird. Aber ich glaube, wir müssen es, wie gesagt, als eine allgemeine Reform begreifen, und das ist finde ich auch was, was ich an Open Science sehr spannend finde. Open Science bietet uns die Möglichkeit, Wissenschaft neu denken zu können, zu reflektieren und eben dann zu gucken, wo ist es beispielsweise sinnvoll, Modifikationen vorzunehmen.

[00:26:37] Doreen Siegfried:
Also wenn wir jetzt gerade davon sprechen, dass man Studierende, und Sie hatten es ja vorhin schon angedeutet, vielleicht sogar auch schon ältere Schüler: innen, aber bleiben wir mal bei den Studierenden. Also wenn wir davon ausgehen, Studierende müssen neu wissenschaftlich sozialisiert werden, wie sehen Sie denn die Verbindung zwischen digitaler Transformation und der Einführung von Open Science-Prinzipien? Ist das eine letztlich die praktische Umsetzung des anderen? Oder wie spielen diese beiden Themen zusammen?

[00:27:09] Kai Matuszkiewicz:
Ich glaube, die kann man nur zusammen betrachten, weil es aus meiner Sicht auch zwischen beiden ein reziprokes Verhältnis ist. Also, die digitale Transformation bietet letztlich die Tools, die Plattformen, die wir benötigen, um Open Science Prinzipien umsetzen zu können, offeriert dadurch dann letztlich oder verändert dadurch unsere Methoden, unsere Arbeitsweise. Aber auf der anderen Seite bietet Open Science in seinen Prinzipien und durch die Reflexionsmöglichkeiten, die es uns anbietet, auch die Möglichkeit, die Art und Weise, wie wir digitale Transformation an den Hochschulen gestalten, gestalten können oder gestalten sollten und hat dadurch auch so eine Rückwirkung dann auf die digitale Transformation. Deswegen sind das aus meiner Sicht ein Paar, was in permanentem zirkulären Austausch steht.

[00:27:57] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Was mich noch interessieren würde. Sie hatten ja als Sie die Effekte und auch die Fragen, die in Ihren Seminaren diskutiert wurden, geschildert haben… Also sprich, brauchen wir noch sowas wie das Abitur, brauchen wir noch eine Art von Prüfung am Ende, oder brauchen wir eine ganz neue Art von Prüfung oder wie auch immer? Also welche Herausforderungen ergeben sich dann Ihrer Meinung nach bei der Integration von Open Science Education in den Lehrplan? Und was wären so konkrete Ideen, wie man diese Herausforderung auch für eine komplette Disziplin, also jetzt nicht nur bei Ihnen in Marburg, sondern vielleicht in der ganzen Republik, in den Medienwissenschaften umsetzen kann?

[00:28:37] Kai Matuszkiewicz:
Ich glaube, der Punkt ist, was ich eben schon gesagt hatte, das einsickern lassen. Also dass man wirklich Open Science auf der gesamten Breite in die Lehre eingehen lässt. Weil, wenn wir jetzt nur versuchen, es siloartig in einzelnen Modulen, Veranstaltungen unterzubringen, ist es erstens schwierig, das auf verschiedene Standorte zu übertragen. Und zweites tritt dann häufig so ein Phänomen auf, dass es dann auf einmal ein Lehrthema ist, was in Konkurrenz zu anderen Lehrthemen steht, wo ja dann häufig die Diskussion stattfinden, „ja, was, bei dem engen Curriculum, was kommt denn rein und was kommt eben nicht rein.“ Und das ist, glaube ich, eine Diskussion, die ich vermeiden würde, gerade weil, Open Science dann in dem Sinne ja auch nicht ein Lehrthema ist wie alle anderen, sondern es betrifft die Art und Weise, wie wir arbeiten. Und deswegen muss es, wie gesagt, in die Lehre breit einfließen. Aber ich glaube, das klappt halt wirklich auch nur, wenn wir als Fach, von den Fachgesellschaften beispielsweise auch ausgehend, Lehre neu denken. Und auch unsere, unsere gesamte Methodik dahingehend auch neu denken. Und das ist dann natürlich ein sehr planvoller, aber auch ein sehr langwieriger Prozess.

[00:29:41] Doreen Siegfried:
Und gibt es dann, muss ich jetzt mal aus Neugier fragen, gibt es dann tatsächlich so auf Jahrestagungen oder großen Konferenzen der Medienwissenschaften Slots oder Sessions, die sich tatsächlich mit diesem Thema „Einsickern oder wissenschaftliche Sozialisierung Open Science“ befassen oder ist das noch eher so ein Kaffeepausen Gesprächsthema?

[00:30:03] Kai Matuszkiewicz:
Also, es ist ein Thema, was, was immer mehr im Kommen ist, weil es auch… Ich meine, das hängt natürlich immer von den Fachgesellschaften ab. Aber wenn man sich die Ausdifferenzierung der Fachgesellschaften anguckt in den verschiedenen Arbeitsgruppen, beispielsweise Kommissionen oder Foren, dann gibt es mittlerweile Foren für digitale Bildung häufig. Es gibt Arbeitskreise zu Open Science, wo natürlich Open Education auch eine große Rolle spielt. Und es gibt halt auch teilweise schon sehr spezifische Arbeitskreise, die sich eben damit auseinandersetzen. Und dadurch kommt das immer mehr auch in die Jahrestagungen rein. Gerade weil es vielen Fachgesellschaften ja auch wichtig ist, dass auch die AGs dahingehend sichtbar werden, dass sie beispielsweise eigene Panels machen. Und dadurch ist es ja dann auch auf den Jahrestagungen immer präsenter und relevanter. Und switcht immer mehr von der Kaffeepause in das in Anführungsstrichen „reguläre Konferenzprogramm“.

[00:31:00] Doreen Siegfried:
Das Hauptprogramm.

[00:31:01] Doreen Siegfried:
Okay, jetzt hatten Sie ja gesagt, zum einen gibt es die Medienwissenschaften, wo sozusagen dieses Thema Open Science Education reinfließt. Auf der anderen Seite gibt es da ja sozusagen auch eine Rückwirkung. Das heißt, dass die Art und Weise, Offenheit zu denken, kollaborativ zu arbeiten, hat ja, so, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ja auch die Chance, die Medienwissenschaften vielleicht in ihrem Selbstverständnis vielleicht voranzubringen. Also, wie können denn tatsächlich Fachdisziplinen Open Science Education in ihre strategische Planung, Entwicklung einbeziehen? Haben Sie da schon Erfahrungen gemacht? Dass man sagt also … Die Frage geht in die Richtung, welches Potenzial hat tatsächlich dieses neue Thema Offenheit, Kollaboration, um vielleicht die Medienwissenschaften etwas neuer zu erfinden?

[00:31:53] Kai Matuszkiewicz:
Das Potenzial ist, glaube ich, ein ganz, ganz großes. Die Umsetzung ist aber natürlich eine bisschen diffizilere Angelegenheit, weil ich glaube, dass das, wie gesagt, wirklich über, also da müssen sich auch verschiedene Ansätze flankieren. Natürlich ausgehend von den Fachgesellschaften, aber auch von einzelnen Standorten, die beispielsweise Vorleben von einzelnen Projekten, die dazu was machen und das dann zusammenzuführen und in so eine kohärente Strategie zu überführen, dass wirklich auch alle an einem Strang ziehen. Das ist, glaube ich, die Herausforderung. Aber die Zielvorstellung, die damit verbunden ist, das ist eine aus meiner Sicht eine sehr, sehr positive, weil es auch eine ist, die letztlich auch die Medienwissenschaft oder andere Disziplinen dahingehend öffnet, dass sie der Interdisziplinarität offener gegenüberstehen oder sich gar Richtung Transdisziplinarität entwickeln. Weil, wenn wir beispielsweise an Open Science denken, wenn wir an Daten denken, dann können wir teilweise nicht ohne sozialwissenschaftliche Ansätze das denken. Wenn wir an digitale Plattformen, Methoden, Tools denken, dann können wir das nicht ohne Informatik denken und so weiter und so fort. Und dann müssen wir uns dann alle auch mehr sozusagen in diese Schnittfelder reinbegeben, die bewusst suchen, und das ist natürlich auch ein Prozess, wo auch viel Diskussion, Überzeugungsarbeit notwendig ist. Und umso wichtiger ist es dann, dass man sozusagen diesen gemeinsamen Strang findet, diese gemeinsame Strategie, an der man dann ziehen kann. Aber das ist, auch wenn es sehr, sehr lohnenswert ist, glaube ich nicht sehr einfach.

[00:33:23] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Letzte Frage. [lacht] Welche Tipps haben sie denn für Kolleg:innen anderer Fächer, die jetzt tatsächlich Open Science in der Lehre implementieren wollen? Also, sie hatten ja so ein paar schon gesagt, vielleicht eher so ins Detail gehend. Aber was haben sie noch so für ganz konkrete Tipps und Tricks?

[00:33:40] Kai Matuszkiewicz:
Das mag jetzt ganz banal klingen, aber einfach ausprobieren. Sich einfach drauf einlassen, reingehen und auch in dem Sinne Offenheit praktizieren, dass man die Studierenden in so einer Veranstaltung als Diskurspartner:innen begreift und jetzt nicht so, als wie wir das beispielsweise aus Vorlesungen kennen, wo Studierende Container sind, die es mit Wissen zu befüllen gilt. Sondern dass man sich da wirklich darauf einlässt, dass man dadurch natürlich auch stärker so Richtung nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch kompetenzorientierte Lehre kommt. Und das gesamte didaktische Handeln auch daran ausrichtet. Und Wissenschaft ist ja letztlich ist ein explorativer Prozess, ist ein Prozess aus trial and error. Und Open Science verdeutlich das aktuell, glaube ich, wie kaum eine andere Bewegung sonst, dass dem so ist und ermutigt dann, finde ich, auch dazu, das einfach auszuprobieren. Und dann auch die Möglichkeiten kreativ zu nutzen, die einem beispielsweise auch die Modulhandbücher und Prüfungsordnungen lassen, was Prüfungsformen anbelangt, was Lehrveranstaltungsformen anbelangt, was Studienleistungen anbelangt.

[00:34:49] Doreen Siegfried:
Ja, super. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen. Und vielen Dank auch an alle unsere Zuhörerinnen und Zuhörer an den Kopfhörern. Wir werden in den Shownotes spannende Links zu diesem Thema verlinken. Ich hoffe, es hat ihnen gefallen. Lassen sie uns gerne Feedback da, positiv als auch negativ, sei es via E-Mail, Twitter, YouTube oder LinkedIn. Und abonnieren sie natürlich fleißig den Podcast auf iTunes oder Spotify oder wo auch immer Sie sonst gerne Podcasts hören. Ich freue mich aufs nächste Mal.