Folge 14: Forschungsdatenmanagement
The Future is Open Science – Folge 14: Forschungsdatenmanagement
Dr. Doreen Siegfried
Leitung Marketing und Public Relations, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Annette Strauch-Davey
Beraterin für Forschungsdatenmanagement, Universität Hildesheim
[00:00:32] Doreen Siegfried:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von „The Future is Open Science“, dem Podcast der ZBW. Wir reden heute über Future Skills in der Wissenschaft, über Forschungsdatenmanagement und Data Horror Escape Rooms. Und zu Gast habe ich heute Annette Strauch-Davey. Herzlich willkommen!
[00:00:55] Annette Strauch-Davey:
Dankeschön, ja, ich freu mich.
[00:00:57] Doreen Siegfried:
Ich stelle einmal unseren Gast vor für Sie. Also Annette Strauch Davey ist an der Universität Hildesheim für das Forschungsdatenmanagement zuständig, für die komplette Universität. Sie coacht Predocs und Postdocs zu allen Themen rund um das Thema Daten organisieren. Hat hier zehn Jahre Erfahrung auf dem Buckel und ist sozusagen die Marie Kondo der Forschungsdaten. Sie macht Einzelcoaching, Workshops und gamifizierte Veranstaltungen und ist super gut vernetzt in allen wichtigen Kooperationen, sowohl lokal, national als auch global. Ich freue mich herzlich, dass wir heute sprechen können.
[00:01:42] Annette Strauch-Davey:
Vielen Dank für die nette Begrüßung. Ich freue mich, dabei sein zu können, mit Ihnen über mein Forschungsdatenmanagement an vier Fachbereichen in Hildesheim reden zu können, die alle sehr unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Open Science und auch Forschungsdatenmanagement haben.
[00:02:00] Doreen Siegfried:
Okay, dann fangen wir mal gleich mit der ersten Frage an. Also ich hatte Sie ja anmoderiert mit dem Beisatz, dass Sie sozusagen alle Forschenden unterstützen. Wo drückt denn bei Doktorand:innen und Postdocs am meisten der Schuh, wenn es um das Thema Forschungsdatenmanagement geht?
[00:02:20] Annette Strauch-Davey:
Ja, gerade die Doktorandinnen und Doktoranden wollen von Anfang an alles richtigmachen. Sie haben gehört, dass es Datenmanagementpläne gibt, dass es Tools dafür gibt. Sie haben das gelesen, dass wir auch so ein Tool implementiert haben und da haben sie Fragen, wie sie das am besten beantworten können. Dann natürlich auch inhaltliche Fragen, wie sie mit ihren eigenen sensiblen Daten umzugehen haben, was da wichtig ist. Datenschutz ist ein großes Thema bei den Promovierenden, auch bei den Postdocs und natürlich Urheberrecht. Wem gehören die Daten? Wie können die Forscherinnen und Forscher Bilddaten weiter nutzen, zum Beispiel, die sie selbst aber nicht erzeugt haben?
[00:03:05] Doreen Siegfried:
Ah ja.
[00:03:05] Annette Strauch-Davey:
Da drückt sehr Schuh. Das wäre so das erste eigentlich.
[00:03:10] Doreen Siegfried:
Ja, okay, super. Und was sind was sind die drei ja, sagen wir mal die drei wichtigsten Sachen, die Ihre Trainees so bei Ihnen lernen?
[00:03:20] Annette Strauch-Davey:
Das Wichtigste ist tatsächlich Sachen zum Datenschutz, wie ich gerade sagte. Dann natürlich zur Ergebnissicherung – Datenspeicherung ist ein wichtiges Thema. Das lernen sie eben, dass sie, wenn möglich, immer die fachspezifischen Forschungsdatenrepositorien nutzen sollen, die wir dann gegebenenfalls über re3data erst suchen müssen. Und dann lernen Sie, dass wir ein eigenes Datenrepositorium in Kooperation mit der eResearch Alliance haben, das sie auch nutzen können. Das wäre Punkt zwei. Und dann Punkt drei: FAIR Data. Die FAIR-Prinzipien eigentlich: die Findability, die Accessability, die Interoperability und die Wiederverwendbarkeit von Forschungsdaten hinsichtlich Open Science.
[00:04:10] Doreen Siegfried:
Ja, das ist ein ganz schönes Paket. Warum sind dann diese Datenkompetenzen heute so so extrem wichtig?
[00:04:18] Annette Strauch-Davey:
Ja, das spielt eine große Rolle, weil sich gerade in den letzten Jahren die Forschungsmethoden geändert haben. Das heißt Tools, dann auch Arbeitsthemen. Wir haben es bei uns in Hildesheim im Fachbereich vier mit Big Data zu tun. Da muss natürlich dann immer die Frage gestellt werden, welche forschungsethischen Belange sind wichtig? Also die Digitalisierung, der digitale Wandel hat da wirklich die Unterschiede mit sich gebracht, dass auch Datenkompetenzen nicht nur Informationskompetenz, sondern, also Information Literacy, sondern dass auch die Data Literacy eine wichtige Rolle spielt.
[00:04:59] Doreen Siegfried:
Spielen denn Daten, also Sie sind ja jetzt schon zehn Jahre dabei, spielen denn Daten heute eine größere Rolle als beispielsweise noch vor zehn Jahren? Sehen Sie da irgendwelche Veränderungen?
[00:05:11] Annette Strauch-Davey:
Ja, auf jeden Fall also spielen die Daten eine wichtige Veränderung. Natürlich auch in unserer Bibliothek, wenn ich das aus dieser Perspektive vielleicht betrachten darf. Vor vier Jahren gab es ja diese Stelle noch gar nicht. Aber die Leitung und auch die Institutsleiter haben die Wichtigkeit von den Daten, Data Literacy erkannt. Es gibt die Nationale Forschungsdateninfrastruktur, da wollen natürlich auch die lokalen Forscherinnen und Forscher den Anschluss nicht verlieren. Und es gibt einige Professorinnen und Professoren, die jetzt auch nachdenken, dass das Forschungsdatenmanagement essenziell in der curricularen Lehre verankert werden muss.
[00:05:54] Doreen Siegfried:
Ah ja, okay.
[00:05:54] Annette Strauch-Davey:
Ja, das alles gab es vor ein paar Jahren noch gar nicht.
[00:06:01] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Vielleicht ganz kurz zum Thema NFDI, weil das ja doch recht aktuell ist. Ist denn dieses doch eher wissenschaftspolitische Thema tatsächlich so in der, ich sage mal, ganz unten bei den Forschenden schon so auf dem Zettel? Haben die das, kennen die das alle schon?
[00:06:18] Annette Strauch-Davey:
Also das schulen wir mit, auch in unseren Workshops. Also NFDI, European Open Science Cloud, dann noch eins obendrauf, denn da wollen wir letztendlich alle hin, da gibt es keine Grenzen. Also das ist nicht Hildesheim, ein Hildesheimer Thema oder Niedersachsen Thema, sondern die Vernetzung spielen eine Rolle. Und in den Workshops werden die Konsortien genannt, auch für die einzelnen Fächer und Institute hier in Hildesheim.
[00:06:46] Doreen Siegfried:
Okay, aber das ist sozusagen, bevor die Leute in Ihre Trainings kommen, in Ihre Workshops, haben sie davon noch nicht gehört oder kommen sie schon gleich mit dem Wunsch rein und sagen Frau Strauch-Davey, ich will alles über NFDI wissen?
[00:06:59] Annette Strauch-Davey:
Nein, also die meisten haben davon tatsächlich noch nicht gehört. Das ist neu und wir sensibilisieren hier, machen aware, dass das ein Thema ist. Und ja, NFDI, natürlich, arbeitet an Standards für Forschungsdaten. Und da kann ich dann gleich schön anknüpfen, warum das wichtig ist, die Forschungsdaten mit Metadaten fachspezifisch …
[00:07:22] Doreen Siegfried:
Ah, ja.
[00:07:22] Annette Strauch-Davey:
… zu beschreiben. So in diesem, vor diesem Hintergrund.
[00:07:27] Doreen Siegfried:
Ja, super. Okay. Alles klar. Wenn die Leute in Ihre Workshops und in Ihre Seminare kommen, haben Sie denn auch so Anekdoten parat? Also was beispielsweise passieren kann, wenn man eben nicht seine Daten gut im Griff hat und nicht gut organisiert? Haben Sie vielleicht Anekdoten, die Sie da zum Besten geben oder auch hier für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer? Also was kann im schlimmsten Fall passieren?
[00:07:57] Annette Strauch-Davey:
Ja, im schlimmsten Fall kann natürlich passieren, dass nach jahrelanger oder nur nach monatelanger Forschung die Daten verschwunden sind. Viele Forscherinnen und Forscher benutzen zunächst beim kollaborativen Arbeiten die Academic Cloud. Und als wir das eingeführt haben, zusammen mit der GWDG eResearch Alliance in Göttingen, haben die Forscherinnen oder einige Forscherinnen und Forscher immer gedacht, die Academic Cloud sichert alles, auch eigentlich für immer. Aber dem ist nicht so. Also die Academic Cloud macht noch nicht mal ein Backup, man kann nur dort nur auch gerade große Datenmengen austauschen. Da muss ich sensibilisieren, also dass die Daten nicht verschwinden. Wenn eine Kollegin in einem Forscherteam dann auf den Knopf drückt und das löscht, dann sind die Daten im schlimmsten Fall für alle verschwunden.
[00:08:46] Doreen Siegfried:
Das ist natürlich der Gau. Ja, genau.
[00:08:49] Annette Strauch-Davey:
Ja, das ist das Schlimmste, was passieren kann. Genau. Vielleicht ein weiteres Beispiel?
[00:08:55] Doreen Siegfried:
Ja, erzählen Sie.
[00:08:57] Annette Strauch-Davey:
Genau das wäre so zur Forschungs, ja, zu den rechtlichen Themen und dann auch zur Datenveröffentlichung. Manche Forscher:innen kommen dann zu spät an zu mir auch zur Beratung, um ihre Forschungsdaten in ein Repositorium hochzuladen. Und dann, wenn ich nach einer Einwilligung frage: „Liegt alles vor? Gibt es Nutzungsvereinbarungen?“
[00:09:21] Doreen Siegfried:
Ah, dann fehlt die.
[00:09:23] Annette Strauch-Davey:
Dann fehlt die, ganz genau.
[00:09:25] Doreen Siegfried:
Ja, okay.
[00:09:26] Annette Strauch-Davey:
Ja, und dann können die Daten nicht veröffentlicht werden. Das geht dann nicht.
[00:09:31] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Ja, das ist ja, das ist ganz schrecklich. Wenn man hinterher merkt, dass nach jahrelanger Arbeit entweder die Daten weg sind oder man sie irgendwie nicht so richtig weitergeben kann und verwenden kann. Wie ist es denn so generell um das Thema Data Literacy von Predocs und Postdocs bestellt? Was beobachten Sie da?
[00:09:54] Annette Strauch-Davey:
Also da beobachte ich zu Promotionsbeginn ist noch viel Arbeit bezüglich der Future Skills nötig. Jeder nutzt eigene Formate, jeder speichert anders. Da muss ich sehr stark oder da muss sehr stark im Bereich „Ordnen, Strukturieren“ geschult werden.
[00:10:17] Doreen Siegfried:
Sie hatten ja vorhin erwähnt, dass sozusagen Ihre Stelle jetzt seit vier Jahren in Hildesheim existiert und dass die Profs auch anfangen, das Thema in die Lehre aufzunehmen. Sehen Sie hier Entwicklungen, wie weit da schon Fortschritte zu beobachten sind? Gerade wenn es in die Lehre geht, also, dass auch Studierende schon mit dem Thema Forschungsdatenmanagement vertraut gemacht werden oder Data Literacy im weitesten Sinne.
[00:10:46] Annette Strauch-Davey:
Also zunächst bin ich in einige Lehrveranstaltung mit hineingegangen, aber das kann ich als eine Person nicht leisten im Forschungsdatenmanagement. Und hier sind tatsächlich Institutsleiter, Professorinnen und Professoren gefragt, die das mit aufnehmen. Und da ist es dann unterschiedlich, an welchem Fachbereich die Personen arbeiten. Fachbereich drei, gerade im Bereich Informationskompetenz, hat bestimmte Personen schon im Auge, die zu diesen Themen ….
[00:11:16] Doreen Siegfried:
Was ist Fach….
[00:11:16] Annette Strauch-Davey:
… schulen könnten.
[00:11:18] Doreen Siegfried:
Entschuldigung, was ist Fachbereich drei?
[00:11:20] Annette Strauch-Davey:
Ja, Entschuldigung. Genau, das ist Hildesheim spezifisch. Unser Fachbereich drei, das sind die Informationswissenschaften und Sprachwissenschaften. Und gerade das Institut für Informationswissenschaften beschäftigt sich auch mehr mit der Data Literacy als das jetzt noch vor kurzem der Fall war. Da gibt es Projekte, die mit uns zusammenarbeiten, in der UB zum Beispiel.
[00:11:43] Doreen Siegfried:
Okay, aber das heißt, das hängt dann sozusagen an den Profs selber, inwieweit das tatsächlich etabliert wird und auch Eingang findet in die Lehre.
[00:11:53] Annette Strauch-Davey:
Genau, genau. Und da brauchts dann personelle Ressourcen. Das Interesse ist schon vorhanden.
[00:12:00] Doreen Siegfried:
Ja, das stimmt. Wenn Sie so in Ihre Trainings schauen und auch, Sie haben ja jahrelange Erfahrung, auch mit den ganzen Problemen, die die Leute so mitbringen. Erkennen Sie hier gegebenenfalls Muster oder Unterschiede so zwischen den unterschiedlichen Fachdisziplinen oder auch unterschiedlichen Karrierestufen?
[00:12:24] Annette Strauch-Davey:
Ja, also ich erkenne Muster bei uns. In allen vier Fachbereichen ist das unterschiedlich. Fachbereich vier, das sind die MINT-Fächer Biologie, Chemie und auch Software Systems Engineering. Und die Fächer beschäftigen sich selbst auch mit Data Science-Projekten, kennen sich mit Formaten besser aus als zum Beispiel im Fachbereich zwei, das wären jetzt unsere Kulturwissenschaftlerinnen und Kulturwissenschaftler oder das sind so Fächer wie Kunstpädagogik. Da wird oft gesagt: „Ja, haben wir denn denn überhaupt Forschungsdaten? Wir haben ja Bilder. Sind das auch Forschungsdaten? Wir haben doch sehr vieles analog.“ Oder auch die Religionswissenschaften, die sind noch nicht so mit dem Thema vertraut. Da ist noch alles neu in den Beratungen. Aber was gut ist und worüber ich mich freue, sie kommen wenigstens auch zu Workshops. Also wir haben meistens bei den generischen Workshops Vertreterinnen und Vertreter aus allen vier Fachbereichen.
[00:13:34] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Wie ist es denn so um die Wirtschaftsforschenden bestellt?
[00:13:40] Annette Strauch-Davey:
Ja, die haben wir auch. Die sitzen bei uns im Fachbereich vier und die haben Fragen zur Sekundärnutzung von Forschungsdaten. Dann auch, wo sie Forschungsdaten speichern können und dann empfehle ich denen die Wirtschafts- oder die Forschungsdatenzentren FDZ für die Wirtschaftswissenschaften. Und da freuen wir uns, dass es schon in den Wirtschaftswissenschaften gute Lösungen gibt zum Data Ingest. Das ist halt bei den kleineren Fächern noch nicht so, wie in der Musikwissenschaft, da gibt es noch nicht diese Standards wie bei den Wirtschaftswissenschaften.
[00:14:16] Doreen Siegfried:
Okay, also sind die eigentlich auch schon ganz gut davor.
[00:14:19] Annette Strauch-Davey:
Genau.
[00:14:20] Doreen Siegfried:
Super. Und, Sie bieten ja sozusagen ein ganz breites Spektrum an, an Trainingsmöglichkeiten. Also es gibt, wie Sie gerade schon sagten, es gibt generische Workshops, es gibt Individualberatungen, die dann gerne auch mal zwei Stunden dauern können und das reicht sozusagen Ihr Angebot hin bis zu gamifizierten Trainings. Was funktioniert denn für wen aus Ihrer Sicht am besten?
[00:14:48] Annette Strauch-Davey:
Ja, so für die Einsteiger sind die Coffee Lectures ein guter Überblick zu allen Themen. Da hatten wir gestern eine. Da wurde das FAIR Data-Projekt in Österreich vorgestellt, wieder zu den FAIR Themen. Aber das sind kurze Veranstaltungen, da nehmen gerne alle teil, dann auch in der Mittagspause. Denn viele Forscherinnen und Forscher haben aktuell gar keine Zeit für längere Workshops. Das ist immer nur so ein harter Kern, das sind so wenige. In den Coffee Lectures nehmen viel mehr Personen teil, aber die sich dann intensiver beraten lassen wollen oder mitarbeiten wollen oder wo wir was erarbeiten wollen, dafür sind dann die Workshops geeignet. Und nicht nur die generischen, sondern dann die fachspezifischen. Da lade ich dann Gäste ein aus den unterschiedlichen Communities, auch aus den Wirtschaftswissenschaften hatten wir einen Gast schon. Und vom Verbund Forschungsdaten Bildung und da arbeiten wir dann manchmal drei Stunden auch zusammen.
[00:15:53] Doreen Siegfried:
Okay, und da kommen dann sozusagen nur die Fach, da ist dann die Fachdisziplin so unter sich und kann dann auch so fachspezifische Fragen und Besonderheiten dann mit Ihnen besprechen?
[00:16:05] Annette Strauch-Davey:
Genau. Oder ich stelle eine Verknüpfung aus der UB über die Forschenden mit den NFDI-Konsortien her. Zum Beispiel NFDI4Culture hatten wir. Da gab es eine Verknüpfung mit dem Institut für Kunstpädagogik. Das lief sehr gut. Genau. Und dann die Data oder den Data Horror Escape Room, den Sie genannt haben. Der dient so der Awareness, auch aus einem Serviceangebot der UB hinaus. Und es ist für die gut geeignet, die sich vielleicht mit dem Thema noch nicht auskennen, aber durch den Namen macht‘s das schon mal interessant. Da mache ich den Forscherinnen und Forschern das FDM etwas schmackhafter und dann sagen sie „Ach, so schlimm ist das ja gar nicht“. Und da gibt es dann so Module, „Was ist die ORCID?“ Und ja, dafür ist es gut geeignet vielleicht, dass die Promovierenden dann mal über eine ORCID auch nachdenken, was sie vorher noch nicht gemacht haben.
[00:17:08] Doreen Siegfried:
Und jetzt mal aus Neugier gefragt, was ist denn so ein Data Horror Escape Room? Das hört sich ja total spannend an. Wie funktioniert das? Und was daran ist Horror?
[00:17:17]
[beide lachen]
[00:17:19] Annette Strauch-Davey:
Also, Horror, heißt es. Es gibt zwei Seiten des Horrors. Das wurde im Rahmen der Data Horror Week, die jedes Jahr im Oktober um Halloween stattfindet, initiiert von drei Hochschulen und Universitäten in den Niederlanden, also um Halloween herum.
[00:17:40]
Doreen Siegfried: Ja, das passt ja.
[00:17:40] Annette Strauch-Davey:
Aber der eigentliche Horror, genau, ist so, dass es einen Professor gibt und eine Hilfskraft klopft bei ihm an und sagt „Ja, wir haben alle für unser Forschungsprojekt noch gar nicht den Datenmanagementplan geschrieben. Wir wollen jetzt einen Antrag stellen. Bis Mitternacht müssen wir diesen, müssen wir auch das Forschungsdatenmanagement im Antrag mit berücksichtigen.“ Und ja, dann ist erst mal großes Schweigen. Forschungsgegenstand ist so die erste Frage, das kann alles noch sehr gut beschrieben werden, aber dann geht’s schon zur zweiten Frage: Welche Formate fallen an? Welche müssen wir nutzen, damit sie langfristig zugreifbar sind? Ja, und man muss dann immer wieder ein Rätsel lösen, um zum nächsten Raum zu kommen. Und wenn man alle Rätsel gelöst hat, dann wird man frei sozusagen, hat diesen Datenmanagementplan geschrieben. Genau. Und der Professor kommt aus diesem Horror Room wieder hinaus.
[00:18:46]
[beide lachen]
[00:18:47] Doreen Siegfried:
Und kann pünktlich seinen Drittmittelantrag abgeben. Ist ja vielleicht auch gar nicht so ganz unrealistisch das Szenario in unserer Last Minute Culture, dass da tatsächlich irgendwie jemand anklopft und sagt, „Wir haben nur noch drei Stunden Zeit“. Ja, klasse.
[00:19:00] Annette Strauch-Davey:
Genau. Wie im richtigen Leben.
[00:19:01] Doreen Siegfried:
Ja, wie im richtigen Leben. Ich sehe das quasi förmlich vor mir.
Welche Tipps haben Sie denn, welche Tipps haben Sie denn konkret für Forschende aus der Wirtschaftswissenschaften? Also wirklich vom Finden von Forschungsdaten. Gerade, Sie hatten ja gesagt Sekundärnutzung spielt eine große Rolle, bis hin über das Organisieren bis hin zum Veröffentlichen. Also für diese Zuhörerschaft jetzt hier, die jetzt hier den Podcast hören, was können Sie da mitteilen?
[00:19:34] Annette Strauch-Davey:
Genau. Also in erster Linie geht es immer darum, dass die Forschungsdaten oder dass nicht alle Forschungsdaten selbst neu generiert werden müssen, sondern dass wir auch welche sekundär nutzen, Replikationsstudien machen können. Und dann zeige ich, wo diese Forschungsdaten zu finden sind und nenne die entsprechenden fachlichen Repositorien für die Wirtschaftswissenschaften. Das wäre so der Anfang. Und dann natürlich auch, wie wir das im Datenmanagementplan verankern können mit RDMO. Denn da haben wir auch für Wirtschaftswissenschaftler, wir haben fünf unterschiedliche Fragenkataloge und die Wirtschaftswissenschaftler haben einen eigenen RDMO-Fragenkatalog. Und dann geht es ja über den Ingest, wohin mit den Daten.
[00:20:27] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Danke. Wenn wir über Open Science sprechen und so weiter und um Daten teilen und so weiter, ist ja auch so ein bisschen die Frage was, was kann ich denn eigentlich alles teilen? Und wer will das am Ende des Tages überhaupt haben? Was sind hier Ihre Erfahrungen?
[00:20:48] Annette Strauch-Davey:
Genau. Also Daten können geteilt werden, aber nicht nur die Forschungsdaten. Manchmal kann auch eine Forschungssoftware sehr gut geteilt werden. Das hatten wir in Projekten der Computerlinguistik. Und wenn diese Forschungssoftware dann Open Source veröffentlicht wird, über GitHub zum Beispiel oder auch anderweitig, dann kann diese Forschungssoftware zum einen nachgenutzt werden und auch weiterentwickelt werden. Gerade für Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler ist das interessant. Auch die nicht so technikaffin sind zum Beispiel, die können diese Software nutzen, ohne die Software aber selbst entwickeln zu müssen. Und in bestimmten Foren können sich alle gemeinsam dann zu der Software austauschen. Also das ist so ein Punkt. Dann aus den Erziehungswissenschaften wäre ein Beispiel zu nennen. Da entstehen viele Forschungsdaten aus der Unterrichtsforschung. Da haben wir noch ein Repositorium lokal, das nennt sich HilData. Dort können Forschungsdaten geschlossen, weil sie so sensibel sind, gespeichert werden. Es gibt einen restriktiven Zugang und wenn man dann fragt, also um Erlaubnis fragt, können sich andere Forscher auch aus den Erziehungswissenschaften diese Videografien ansehen und damit dann zu neuen Erkenntnissen gelangen. Also, die wollen das auch haben. Gerade Unterrichtsforschung, da haben wir es wieder mit sehr sensiblen Daten zu tun und da müssten die Daten in den Wirtschaftswissenschaften bei dem Beispiel vorhin dann auch nicht noch mal neu erhoben werden, sondern können sekundär genutzt werden. Und dann Forschungsdaten werden oft auch als Open Educational Resources zur Verfügung gestellt. Da geht es dann um die Komplementarität, um eine Wertschöpfung der Wissenschaft, dann auch für die Gesellschaft. Citizen Science wäre so ein Stichwort, Museen wollen manchmal Daten von den Historikern haben.
[00:23:01] Doreen Siegfried:
Ja okay. Ja, das ist doch interessant. Also, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Sie hören, man kann viele Sachen teilen und es gibt viele Leute, die sich darüber freuen, wenn das dann auffindbar ist.
Jetzt sitzen Sie in Hildesheim und die Frage ist jetzt für Leute, die jetzt nicht in den Luxus geraten, eine so kompetente Person wie Sie an ihrer Einrichtung zu haben, die sie stundenlang beraten kann, zu den unterschiedlichsten Fragen. Was machen denn Leute, die nicht in Hildesheim sind? Wo kommen, wo bekommen die am besten Beratung zum Thema Forschungsdatenmanagement? Haben Sie vielleicht hier eine Empfehlung?
[00:23:43] Annette Strauch-Davey:
Ja, da hätte ich einige Tipps und Hinweise. Als erstes empfehle ich natürlich immer die Plattform Forschungsdaten.info. Da gibt es Informationen zu unterschiedlichen Fachdisziplinen. Auch wieder, angefangen von den Geisteswissenschaften bis hin zu Naturwissenschaften und den Wirtschaftswissenschaften und dann zu allen Themen suchen und finden, ordnen und strukturieren. Das wäre immer ein guter Tipp und da sind auch Forscherinnen und Forscher alle eingeladen mitzuarbeiten, neue Artikel zu schreiben. Das ist so eine Community für die Community mit der Community und so weiter. Dann gibt es noch die Plattform Forschungsdaten.org, das ist eher ein Wiki, das ist mal entstanden, aber das halte ich auch für sehr hilfreich. Da gibts Tipps zum Beispiel oder Hinweise, was ist FAIR, zu den Inhalten von FAIR Data, Open Science. Da gibts ja einen schönen Eintrag, der wird immer ergänzt, auch aus der Community heraus. Dann weitere Tipps wären, die NFDI-Konsortien zu fragen. Da ist die Arbeit ja erst gestartet, aber das hat schön Fahrt aufgenommen. Die Webseiten haben sich weiterentwickelt, sind immer besser geworden zu den einzelnen Task Areas und auch zu den rechtlichen Themen für alle Fachbereiche.
[00:25:12] Doreen Siegfried:
Ah ja.
[00:25:16] Annette Strauch-Davey:
Bei uns in Hildesheim und auch für andere Universitäten, genau, die keine Beratung haben, da würde ich dann empfehlen, dort nachzuschauen. Zu den rechtlichen Themen haben die meisten Konsortien so’n Legal Helpdesk und …
[00:25:29] Doreen Siegfried:
Das ist ja klasse.
[00:25:30] Annette Strauch-Davey:
… und da, ja, kann gleich beraten werden. Oder vom Legal Helpdesk in den Konsortien wird der Kontakt zu ja Anwälten hergestellt, die können dann viel besser noch beraten. Dann die Worksheets vom ZBW, die empfehle ich auch immer. Das ist super, was da entstanden ist, auch für die Wirtschaftswissenschaftler. Diese Handouts, das hat mir auch viel Doppelarbeit erspart und die reiche ich auch immer sehr gern weiter.
[00:26:00] Doreen Siegfried:
Ja, super. Okay, alles klar. Das ist ja schon auf jeden Fall eine riesengroße Fülle. Also mit dem Wiki und den unterschiedlichen NFDI-Seiten. Kommt denn, kommt die Beratung immer von außerhalb der Fachdisziplinen? Also, Sie haben ja jetzt schon bestimmte Seiten genannt und hatten ja vorhin auch schon gesagt, Sie selbst sind ja eigentlich auch sozusagen eher so generalistisch unterwegs für die Universität Hildesheim. Also, bekommen Forschende, Nachwuchsforschende, hauptsächlich Beratung aus den Graduiertenzentren oder vom Datenschutz oder von den Rechenzentren? Oder kennen Sie auch Coachings, die eher so Peer to Peer sind?
[00:26:47] Annette Strauch-Davey:
Ja, das gibt es auch und das soll noch verstärkt werden, jetzt durch sogenannte Research Commons, die in der Bibliothek eingerichtet werden. Das heißt, Räumlichkeiten oder auch digital, je nach Pandemielage, aber wo sich Institutsleiter:innen mit den Forscher:innen treffen können und Erststandards auch erarbeiten und festlegen. Ich in der UB bin dann nur die erste Anlaufstelle, die wieder vermittelt. Genau. Und der Datenschutzbeauftragte spielt auch eine Rolle. Aber es gibt auch Peer to Peer-Coachings und ja, die Organisation läuft, da würde aber über mich die UB-Stelle laufen.
[00:27:32] Doreen Siegfried:
Das heißt, Sie organisieren dann so eine Art Patenschaftmodell, dass man sagt, okay, wir haben hier jemanden, der ist der Superexperte für Präregistrierung oder für Replikationsstudien oder für Datenmanagementpläne oder für was auch immer. Und jeder, jede Wirtschaftsforscher:in, die Wirtschaftsforscher interessieren uns natürlich hier erst mal im Besonderen, kann da anklopfen und sagen, „Ich will das jetzt auch machen. Wie geht das, lieber Kollege, liebe Kollegin?“ und dann arbeiten die zusammen?
[00:28:03] Annette Strauch-Davey:
Genau, so ist das gedacht.
[00:28:06] Doreen Siegfried:
Ja, okay.
[00:28:07] Annette Strauch-Davey:
Wir hatten das in der Vergangenheit schon mal so in Workshops, auch in disziplinspezifischen. Und dann habe ich mir immer Unterstützung geholt, zum Beispiel von Qualiservice, wenn es sich um sensible Forschungsdaten gehandelt hat, da kam dann Frau Huber aus Bremen und konnte dann mit ihrer Expertise die Forscherinnen und Forscher im Bereich Ethnographie, zum Beispiel, beraten. Und das klappte sehr gut. Genau, das war dann für diesen kleineren Kreis gedacht. Genau.
[00:28:42] Doreen Siegfried:
Ja, das ist spannend. Weil gerade in den Wirtschaftswissenschaften gibt es ja auch viel qualitative Forschung und ich weiß, dass viele Forschende da eher zögerlich sind, die zu veröffentlichen, selbst in anonymisierter Form, weil sie Angst haben, dass das dann doch entsprechend dechiffriert werden kann. Also sich da noch mal irgendwie tatsächlich beraten zu lassen, ist sicherlich eine gute Idee. Wenn wir mal so von diesem, von diesen konkreten Trainings und Ihren ganzen Erfahrungen mal einen Schritt weitergehen. Was würden Sie denn sagen, unter welchen Bedingungen funktioniert für Sie denn Open Science als Großes am besten?
[00:29:23] Annette Strauch-Davey:
Open Science funktioniert am besten, wenn man die ganzen Vorkehrungen trifft, sich um die Rechtsthematik bewusst ist, dass eben Open Science im Sinne von FAIR auch zu verstehen ist. FAIR Data steht noch mal darüber, eben, dass nicht alles überall veröffentlicht und angekündigt wird, ist ganz klar. Sondern, dass wir FAIR, dass wir an die FAIR-Prinzipien denken und manchmal nicht nur die Daten zur Verfügung stellen offen, sondern die Metadaten. Das funktioniert am besten. Und das Open Science ein Kulturwandel ist, dass wir darauf hinweisen, warum das wichtig ist. Und genau.
[00:30:12] Doreen Siegfried:
Ja, super vielen Dank. Dann kommen wir jetzt zur letzten Frage schon. Wir haben ja jetzt von Ihnen schon total viele super tolle Tipps bekommen. Aber wenn wir da sozusagen noch mal drauf schauen auf Ihren Erfahrungsschatz, was wären denn Ihre drei allerwichtigsten Tipps und Tricks aus Ihren vielen Jahren Erfahrung?
[00:30:33] Annette Strauch-Davey:
Ja, die allerwichtigsten Tipps und Tricks, wirklich früh sich mit dem Datenmanagement auseinanderzusetzen. Nicht erst vor der Veröffentlichung, sondern wirklich ja so früh es geht. Dann Speicherung und Veröffentlichung, eine Auswahl zu treffen, was soll auch überhaupt gespeichert werden? Wir müssen nicht alles aufheben, Speicher kostet Geld und das wäre eine wichtige Empfehlung. Und dann tatsächlich die Empfehlung zu den FAIR-Prinzipien, die ich eben genannt habe im Zusammenhang mit Open Science, dass das sehr wichtig ist, dass Forschungsdaten nicht nur einfach so generiert werden, sondern sie haben immer einen weiteren Zweck, ja entweder für mein eigenes Projekt, für mich selber und im Idealfall, das wäre noch mal auch auf die vorliegende Frage hinsichtlich Open Science, dass es eben darum geht, dass wir die Daten ja für einen guten Zweck weiter und nachnutzen können, für die Gesellschaft auch, ja und für neue Forschungsprojekte und so Erkenntnis gelangen können. Das wären so meine drei Punkte.
[00:31:53] Doreen Siegfried:
Ja, super! Herzlichen Dank! Vielen Dank auch da draußen allen Zuhörenden. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen. Es gab viele Tipps und Tricks. Lassen Sie uns gerne Feedback da. Abonnieren Sie uns fleißig, empfehlen Sie uns weiter. Der Podcast ist zu hören bei iTunes, Spotify und überall da, wo es so Podcasts gibt. Und ich freue mich auf das nächste Mal.