Folge 19: Open Science Nudging
The Future is Open Science – Folge 19: Open Science Nudging
Dr. Doreen Siegfried
Leitung Marketing und Public Relations, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Dr. Guido Scherp
Organisator des Open Barcamp und Open Science Retreat, Veranstalter der Open Science Konferenz, Koordinator des Leibniz-Strategieforum Open Science und Leiter der Abteilung Open-Science-Transfer, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
[00:00:03] Doreen Siegfried:
Willkommen bei “The Future is Open Science”, dem Podcast der ZBW. Hier verraten Ihnen interessante Menschen aus dem Wissenschaftsbetrieb, wie sie in ihrer täglichen Arbeit Open Science voranbringen. Wir tauchen ein, in die Tiefen der Wissenschaftskommunikation im digitalen Zeitalter und verraten Ihnen handfeste Tipps und Tricks zu Open Science in der Praxis. Ich bin Doreen Siegfried und freue mich sehr, Host dieses Podcast zu sein.
[00:00:32] Doreen Siegfried:
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von “The Future is Open Science”, dem Podcast der ZBW. Ich freue mich sehr, dass Sie eingeschaltet haben. Und auf diese Folge habe ich mich besonders gefreut, denn er ist wieder dabei: Open Science-Nerd, Organisator vom Barcamp Open Science, Organisator vom Open Science Retreat, Veranstalter der Open Science Konferenz seit 2014, Koordinator vom Leibniz Forschungsverbund Open Science und jetzt Koordinator vom Leibniz-Strategieforum Open Science. Herzlich willkommen, Guido Scherp.
[00:01:07] Guido Scherp:
Hallo und schön, wieder hier zu sein.
[00:01:10] Doreen Siegfried:
Hallo. Guido, lass uns sprechen über Open Science Nudging. Welches Open Science-Narrativ zieht deines Ermessens am meisten? Also, wenn wir von den drei großen Erzählungen ausgehen? Also, erstens: Open Science ist gut, wegen der Qualitätssicherung und Nachvollziehbarkeit, zwei: Open Science ist gut, wegen der wachsenden Kooperationsmöglichkeiten oder drei: Open Science ist gut, wegen der erhöhten Sichtbarkeit meiner Forschung und der erhöhten Effizienz und somit karrierefördernd. Welches dieser drei ist in deinen Augen am erfolgsversprechendsten?
[00:01:45] Guido Scherp:
Ja, also, alles ist eigentlich gut.
[00:01:47] Doreen Siegfried:
Ja. [lacht]
[00:01:48] Guido Scherp:
Aber ich denke, das, was am Ende auf die sehr individuelle Benefitebene abzielt. Also das, was habe ich davon, welche Vorteile bringt mir das? Und auch sehr stark beispielsweise bezogen auf meine wissenschaftliche Karriere beispielsweise. Dann zählt natürlich Punkt drei, ist natürlich das, was, mit dem man die am Ende, wenn man sie nudgen will, dass man sie vielleicht eher, dann, sag ich mal, dazu bekommt, zu sagen, okay, jetzt möchte ich mich mal damit mehr befassen. Letztlich ist es aber natürlich so, dass, wenn man so dieses Narrativ von Open Science erzählt, natürlich auch so, dass immer das große gesamte Bild natürlich betrachten muss. Das heißt letztlich, letztlich geht es einfach darum, dann auch, dass man Qualitätssicherungsmöglichkeiten hat an der Stelle, dass man Nachvollziehbarkeit erreichen möchte und dass es letztlich auch immer in irgendeiner Form mit guter wissenschaftlicher Praxis zusammenhängt, beispielsweise dann an der Stelle. So, da muss man natürlich immer das gesamte Bild natürlich, sage ich mal, erzählen. Aber wenn man dann sagt, das machst du jetzt nur nicht einfach, weil es jetzt wichtig ist, sondern halt auch, weil es entsprechende Vorteile für die Wissenschaft insgesamt gibt, aber auch letztlich, ich sage mal, schon jetzt, schon …
[00:02:57] Doreen Siegfried:
Für dich als Einzelperson.
[00:02:57] Guido Scherp:
… heute natürlich persönlich dann Anreize gibt, das einfach auch zu tun. Und man durch Effizienz, durch Feedbackmechanismen, aber auch durch Sichtbarkeit und Impact da schon Möglichkeiten hat, das für sich gewinnbringend, sage ich mal, zu nutzen.
[00:03:11] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und gibt es nicht auch die Gefahr, dass ein Argumentationspfad Angst auslöst, dass ich als Wissenschaftler, Wissenschaftlerin sozusagen eines Fehlers überführt werde?
[00:03:25] Guido Scherp:
Na ja. Also wenn der Fehler betrügerisch geschehen ist, sage ich mal, dann ist natürlich, dann sollte man natürlich Angst haben, klar. Also letztlich ist es, ist es für mich dann auch eine Art der, vielleicht, ja … Also ich glaube nicht, dass die Angst jetzt da ist, dass wirklich am Ende so ein krasser Fehler auftaucht. Sondern es sind so mehr Angst, ob man auf dem Weg dahin auch alles richtig macht an der Stelle. Beispielsweise, das ist, ich sage mal, es geht so ein bisschen darum, dass dann irgendwie Schwächen in der Methodik auftauchen auf einmal oder dass man die Fehler in den Daten sind oder die Datenqualität an der Stelle einfach nicht stimmt. Und da muss man das einfach auch vielleicht ein bisschen, ein bisschen positiv sehen. Es geht bei Open Science dann ja auch um, ich sage mal, Zusammenarbeit und Kollaboration und die dient dann ja auch der Qualitätssicherung. Das heißt, wenn ich jemand anderes auf meine Daten, auf meinen Code draufgucken lasse, dann können ja da auch schon Fehler entdeckt werden.
[00:04:26] Doreen Siegfried:
Dann kann es auch besser werden dadurch.
[00:04:27] Guido Scherp:
Genau. Das ist so ein bisschen, denn auch einfach das zu sehen. Die Fehlerkultur dient dazu, sich selbst zu verbessern. Und je früher Fehler auftauchen, desto besser. Dabei geht es halt auch nicht darum, dass es dann von Anfang an, sag ich mal, also es ist ja so, mit je mehr Leuten man es im Prinzip frühzeitig teilt. Also man sagt, ich habe jetzt hier, sage ich mal eine Methodik entwickelt und ich lasse jetzt, ich mache vielleicht so eine Präregistrierung, dass möglichst viele Leute draufgucken an der Stelle. Dann habe ich natürlich die Möglichkeit, auch mehr Feedback zu bekommen von viel mehr Leuten, aber natürlich auch prinzipiell die Gefahr, dass da vielleicht auch irgendwas Vernichtendes dabei ist. Ich weiß es nicht. Aber was ich damit sagen will, es reicht ja auch manchmal schon, wenn man das einfach mal in seiner kleinen Community oder seiner Arbeitsgruppe einfach dann, die so eine Kultur lebt, dass man sich gegenseitig mal sich den Code anguckt, die Daten anguckt oder die Methodik anguckt und da so ein bisschen schon mal da eine gewisse innere Offenheit lebt. Bevor man das, sag ich mal, dann nach draußen gibt. Und letztlich geht es auch darum, dass man auch einfach sagt, dass man gut, ich meine, Fehler sind halt menschlich, passieren halt und es gibt auch an anderer Stelle dann… Oder dass man dafür sensibilisiert, dass das beispielsweise grundsätzlich, um solche Fehler zu entdecken, natürlich wichtig ist, dass die Daten und der Code, den man halt irgendwie benutzt, wenn man beispielsweise empirische Forschung macht, dass sie in irgendeiner Form auch zur Verfügung stehen und auch überprüft werden können. Aber auch dann auch damit aufzeigt, wie wichtig das ist, dass das beispielsweise, wenn man beim Journal etwas einreicht, dass es eigentlich richtig ist, wenn dort auch Daten und Code abgeliefert werden. Und idealerweise, wenn das Journal dann auch noch die entsprechende Policy hat und das Ganze auch Teil des Reviews ist. So ist dann ja auch sichergestellt, dass nicht nur die wissenschaftliche Ausarbeitung Qualitätskriterien entspricht, in dem ich halt meine Methodik beschreibe und meine Ergebnisse diskutiere, sondern halt auch da schon überprüft wird, ja, okay, die Daten und die Codes, das stimmt alles an der Stelle. Wir konnten das auch nachrechnen. Das ist quasi, ich sage mal, auf der reinen Berechnungsebene kann man das auch dann wiederholen und ist dann ja auch entsprechend dann am Ende, wenn man vielleicht auch da auch Fehler entdeckt sind, hat man da die Möglichkeit, diese Fehler auszumerzen. Und wenn man es dann publiziert hat mit dem Stempel, es ist durch den Data- und Code-Review gegangen, hat man eigentlich dann noch viel mehr Vorteile am Ende.
[00:06:50] Doreen Siegfried:
Ja, ja. Okay. Wenn wir noch mal so ein bisschen bei der Sichtung der Argumente bleiben, mit welchen Argumenten überzeugst du denn Mitstreiter:innen, Kooperationspartner:innen vom Nutzen von Open Science? Also, welche Argumente nutzt du selber?
[00:07:06] Guido Scherp:
Ja. Also ist immer auch so ein bisschen die Frage, mit wem man jetzt gerade redet dann. Aber man kann natürlich sagen, hier, du machst doch exzellente Forschung und wäre doch schade, wenn die im Verborgenen bleibt.
[00:07:18]
[beide lachen]
[00:07:20] Guido Scherp:
Also. Gut, letztlich ist es so: in den meisten Fällen hat man ja dann auch oft mit Forschenden zu tun und da zielt man natürlich immer stark auf die Vorteile und auch die Möglichkeiten ab, die man einfach hat. Darüber hatten wir gerade schon gesprochen. Man hat natürlich Sichtbarkeit. An der Stelle kann man erhöhen. Man kann, sage ich mal, klar, Möglichkeiten, so einen gewissen mehr Impact zu bekommen, ohne jetzt weiter zu definieren, welche Art von Impact da jetzt man hat. Das kann sich natürlich dann auch entsprechend dann auf momentan auch auf die Indikatoren auswirken, also Zitationen beispielsweise, die auch im Bewertungssystem eine Rolle spielen. Man hat Möglichkeiten, verschiedene Art und Weise Feedback einzuholen. Man kann das dann auch beliebig auch auf mehrere Gruppen einfach ausweiten. Und es ist für mich auch letztlich eine Möglichkeit, diese Art der Offenheit und Zugänglichkeit, dass das dann auch so ein bisschen auch einen Transfer in andere Communities gewährleistet. Dass beispielsweise auch vielleicht auch andere wissenschaftliche Communities da mal Papiere entdecken, die aus anderen Domänen kommen, die für deren eigene Forschung interessant ist. Ansonsten ist das ja, wenn es in einem closed Journal ist, dann liest das halt einfach nur die Peergruppe, in der man sich befindet, aber nicht niemand darüber hinaus. Man hat auch viel größeren, sag ich mal Range, den man auch einfach dann ergreifen kann. Und letztlich ist es halt auch einfach so, auch wenn das vielleicht gefühlt mit einer gewissen Hürde verbunden ist, dass man entsprechend auch vielleicht auch Skills aufbauen muss, bis zu einem gewissen Grad. Also, man muss ja vielleicht doch sich mal ein bisschen mit gewisser Art und Weise mit Programmiertechnik auseinandersetzen. Man muss sich mit Forschungsdatenmanagement auseinandersetzen, aber das sind auch glaube ich einfach auch Skills, die auch ja zukünftig auch wichtig sind und auch letztlich auch da gewinnbringend sind.
[00:09:05] Doreen Siegfried:
Ja, das sind Skills, die braucht man ja nicht nur im Wissenschaftsbereich. Also mit Daten umgehen können kann ich auch in Unternehmen. Also, wenn wir jetzt mal hier so uns an Wirtschaftsforschende richten, kann ich natürlich auch tatsächlich in unternehmerischen Kontexten verwenden. Sag mal, wenn du, wenn du sozusagen argumentierst, differenzierst du dann sozusagen deine Argumentation auch noch mal je nach Gegenüber, also ob du mit Predocs sprichst oder Postdocs oder Profs? Gibt es da Differenzierungen?
[00:09:36] Guido Scherp:
Gut, prinzipiell naheliegend: ja, natürlich. Also ich muss jetzt einem Prof jetzt nichts erzählen, was irgendwie karrierefördernd ist, wenn er schon auf der höchsten Stufe gelandet ist [lacht] und seine Lebenszeitprofessur erreicht hat. Es ist letztlich so, vielleicht auf vielleicht da auf einen Punkt zu kommen ist, also in der Regel, wenn ich ein Seminar halte – das tue ich durchaus – dann rede ich vor Doktorand:innen und da sind dann partiell Postdocs dabei. Was dabei hilft, ist, wenn die Initiative von den Profs ausgeht. Dann also beispielsweise in einem Fall hat ein Prof gefragt, „Hier könntest du meinen Doktorand:innen kurz mal was zu Open Science erzählen.“ Ich halte das für wichtig einfach. Und das ist natürlich unheimlich wichtig, wenn die Message so ein bisschen auch von der Ebene ausgestrahlt wird. Das heißt, so Open Science ist eine relevante Bewegung da, da wird was kommen, das wird mehr werden und ihr müsst euch jetzt schon damit beschäftigen, weil das in Zukunft wichtig ist. Und das, und das ist natürlich wichtig, dass da schon von der höheren Ebene so ein positives Mindset einfach kommt, an der Stelle so eine positive Grundeinstellung einfach mitgegeben wird, sage ich mal. Und dann vielleicht hören dann die Doktoranden auch eher zu, was ich sage.
[00:10:49]
[beide lachen]
[00:10:49] Doreen Siegfried:
Ja das ist ja…
[00:10:50] Guido Scherp:
Ja.
[00:10:51] Doreen Siegfried:
…das ist ja vielleicht gar nicht schlecht.
[00:10:52] Guido Scherp:
Anders gesagt, wenn der Prof sagt, ist prüfungsrelevant, dann sind die Ohren offen.
[00:10:56] Doreen Siegfried:
Ja, ja, ja. Das ist wie in der Schule. Wunderbar. Und du hattest ja vorhin schon gesagt, als wir diese drei unterschiedlichen Narrative uns angeguckt haben, dass sozusagen der individuelle Mehrwert an erster Stelle steht. Also, das heißt, du argumentierst dann sozusagen in die Richtung Forschende eher so aus so einer karrieristischen Perspektive oder bringst du da auch so eher altruistische Argumente mit rein?
[00:11:21] Guido Scherp:
Naja, ich sag mal, letztlich ist es so, wenn man, wenn man die breite Masse erreichen möchte, dann muss man eher aus dieser karrieristischen Perspektive einfach argumentieren. Ich sage mal, wenn jemand von der, von denen ich rede, altruistisch veranlagt sind, so, dann ist es wahrscheinlich auch relativ einfach, die von Open Science zu überzeugen, weil sie haben es schon von sich aus entdeckt. Und es gibt ja zahlreiche Beispiele dann auch in der Wiwi-Community an der Stelle dann. So, ich selbst setze mich aber auch eher aus altruistischen Motiven für Open Science ein.
[00:11:53] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Das habe ich mir jetzt fast gedacht. Worin bestehen denn deiner Meinung nach die Herausforderungen bei der Umsetzung, so der Grundsätze von Open Science?
[00:12:04] Guido Scherp:
Ja, also. Also prinzipiell sind die Baustellen ja eigentlich seit Jahren irgendwie bekannt. Man befasst sich damit, man weiß, es ist eine Transformation, die ist sehr komplex. Man hat viele Stakeholder mit vielen Einzelinteressen und versucht, das so langsam voranzubringen. Also, die Transformation ist (quälend) träge. Aber ich glaube, es ist vielleicht mal da vielleicht mal so auch so ein bisschen aus meiner Blase heraus und aktuellen Beobachtung mal so ein Fokus auf so drei zentrale Hemmnisse zu legen. Das sind letztlich Zeit, Skills und Anreize einfach. Und letztlich bei Zeit und Skills, da kann man natürlich ansetzen. Man kann entsprechende Supportstrukturen aufbauen an der Stelle, dass Unterstützung da ist, dass dann beispielsweise vielleicht gewisse immer wieder wiederkehrende Aufgaben in irgendeiner Form auch zentralisiert werden. Also man merkt beispielsweise jetzt an Universitäten, dass da durchaus Strukturen aufgebaut werden. So sage ich mal, es werden Forschungsdatenmanagementabteilungen aufgebaut, sage ich mal. Oder noch viel weiter gedacht, es werden gleich Open Science Center aufgebaut. Man beobachtet das an vielen Stellen, dass das dort passiert. Oder auch dass, ich sage mal, diese ganzen NFDI-Konsortien geben natürlich dann entsprechend Schub, dass dieses, auch dieses, diese Basis-Skills dann entsprechend da auch stärker verankert werden, was etwa den Umgang mit Forschungsdaten angeht. Ja, das Thema Anreize ist natürlich etwas schwieriger und komplexer an der Stelle, aber ich denke auch dort, also ich sehe da ein bisschen auch Universitäten da momentan auch in einer guten Rolle, da noch so ein bisschen entscheidenden Fortschritt zu bringen. Dass beispielsweise dann jetzt auch in einfachen Berufungsverfahren auch mal stärker darauf geachtet wird, an der Stelle, so, was sind eigentlich dann ja offene Beiträge an der Stelle, für die wir uns mal interessieren können und die wir mal einfordern können und nachfragen können an der Stelle. Gibt es eine Position dazu? Weil das hat ja durchaus letztlich für die Universitäten natürlich auch Vorteile, wenn jemand sehr offen und kollaborativ und kooperativ letztlich arbeitet an der Stelle. Und ja, gut, und letztlich spielt natürlich dann auch die, sage ich mal, an Universitäten, natürlich auch diese „Ich bin Hanna“-Debatte natürlich auch mit rein mit der Problematik, dass man eher befristete Arbeitsverträge hat und die auch so in der auch in der aktuellen Diskussion auch eher auch als Hemmnis für Open Science wahrgenommen werden. Also das kann man auch gut beobachten da.
[00:14:28] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Was mich nämlich bei der Frage interessiert, also es gibt ja so unterschiedliche Ansätze, wenn man sich auch Open Science-Zentren, Open Science-Initiativen anguckt. Also einerseits so diese Idee, dass Leute eine Vision vermitteln von einer, ich sag mal, besseren Welt, einfach gesprochen. Also, dass das Schiff, was am Ende dann über den Ozean fährt und man hat sozusagen den Wind im Haar und das ist ganz toll. Und auf der anderen Seite eher so die handwerkliche Sicht nach dem Motto, okay, wenn die Leute in der Lage sind, irgendwie was mit Open Science Framework zu machen oder GitHub zu bedienen oder was auch immer, dann, dann gehen sie ein Stück weiter. Also, was beobachtest du da sozusagen in der ganzen Open Science-Szene? Wie weit muss das sozusagen zusammengehen? Also bringt es mehr, also das meinte ich mit der Umfrage der Voraussetzung, also ist, braucht man mehr Aufwand, um sozusagen diese Vision zu vermitteln, wohin eigentlich am Ende des Tages die Reise gehen soll? Oder ist es schwieriger, tatsächlich diese ganz einfachen handwerklichen Skills sukzessive und kontinuierlich zu vermitteln?
[00:15:41] Guido Scherp:
Ja, also. Also ich sage mal so, was natürlich wichtig ist, dass man eine letztlich klar, dass man eine übergeordnete Vision und auch letztlich Strategie hat und am besten dann auch das mit in eine Art Policy versieht. Dass man sagt, was ist unser Ziel, wo soll die Reise hingehen? Und dann das auf die handwerkliche Ebene letztlich herunterbricht und halt guckt, okay, wie, wie kann man das Ziel erreichen und was, was muss ich dafür tun an der Stelle? So dass man natürlich dann auch das Gefühl hat, das, was ich hier jetzt mache an der Stelle, das mache ich jetzt nicht nur, weil die Uni das möchte, sondern da steckt auch eine gewisse Strategie, eine Weitsicht dahinter dann. Also ein gewisser Weitblick einfach auch an der Stelle.
[00:16:27] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Welche Rolle spielen denn Software Skills und Data Skills für die Etablierung von Open Science?
[00:16:36] Guido Scherp:
Gut. Also letztlich ist es so, man sagt ja immer, also Open Science basiert auf einer digitalen Infrastruktur. Und wenn man die natürlich bedienen möchte, dann braucht man letztlich digitale Skills. Je früher erlernt, desto besser sicherlich. Es ist letztlich natürlich auch so, auch, ich sage mal, gewisse Tools, man sagt ja immer, die Infrastruktur soll natürlich easy to use sein, alles einfach intuitiv zu bedienen. Das ist natürlich klar. Aber es bedeutet natürlich auch, dass es Skills gibt, wie habe ich gesagt, im Bereich Programmieren oder auch der Datenmanagement an der Stelle. Also ich denke, dass dieses Grundverständnis und die Skills natürlich da eine Rolle spielen, aber man muss auch realistisch sein, dass, sage ich mal, nicht jeder Forschender oder jede Forschende, jeder Forschender können jetzt exzellente Programmierer und Datamanager werden an der Stelle. Also diese Skills sind da natürlich in gewisser Weise nützlich, je nachdem, welchen Bezug man in der eigenen Forschung letztlich damit hat dann. Also wenn man beispielsweise R-Skripte bauen kann, ist das sicherlich nicht von Nachteil. Aber wenn das irgendwann in einen größeren, sag ich mal, Bereich kommt, wo es mehr Überschneidung mit, sag ich mal, richtiger Software Engineering, Softwareentwicklung hat an der Stelle, dann ist das vielleicht dann auch auf einer anderen Ebene dann zu sehen. Und das hat auch mit der Frage zu tun, so wie sich so das Rollen- und Jobbild dann auch dort weiterentwickelt. Beispielsweise gibt es beispielsweise welche, die, sage ich mal, hauptberuflich Daten analysieren. Es gibt welche, die hauptberuflich, wegen mir, Daten erheben und qualitativ hochwertig bereitstellen. Und es gibt welche, die hauptberuflich, sag ich mal, Software entwickeln. Analysesoftware, die aber letztlich in allen Fällen als wissenschaftlicher Beitrag angesehen werden. Und ich glaube, da geht so ein bisschen die Reise hin, dass diese Skills zwar da sind, aber die Skills letztlich nicht alle bei einer einzelnen Person liegen können.
[00:18:36] Doreen Siegfried:
Ich frage vor dem Hintergrund in den Wirtschaftswissenschaften, also sowohl VWL, aber auch insbesondere BWL, nimmt ja sozusagen dieses Training von Data Skills immer mehr zu. Jetzt gar nicht aus dem Grund Open Science, sondern natürlich vor dem Hintergrund Big Data und die Leute fit machen für die Arbeit in den Unternehmen, in den Unternehmensberatungen und so weiter. Dass sie sozusagen nur gut auf dem Arbeitsmarkt dastehen, wenn sie entsprechende Data Skills mitbringen und wenn sie mit R umgehen können und so weiter. Also, spielt diese Entwicklung, der Kompetenzen in der Wirtschaftsforschung sozusagen Open Science zu? Ist das, ist das ein Nebeneffekt? Wird das irgendwie verzahnt, hast du da schon irgendwas beobachtet? Also ist das so ein Nebenschauplatz, der plötzlich irgendwie unerwartet Open Science vielleicht sogar stützt?
[00:19:37] Guido Scherp:
Also ich wüsste jetzt nicht, was ich da konkret beobachtet habe. Aber letztlich ist natürlich klar, dass es einfach ohne die Skills geht es halt nicht, um Open Science zu betreiben letztlich. Also wenn ich mich, sage ich mal, mit Open Data befassen möchte, dann muss ich natürlich ein Grundverständnis von Forschungsdaten haben, ich muss ein Grundverständnis haben, wie ich sie sauber und richtig erhebe und letztlich auch wissen, dass sie entsprechend dann auch sauber dokumentiert und verwaltet werden. Dass das alles eine Rolle spielt, um am Ende dann Forschungsdaten bereitzustellen dann. Also es ist ein gewisser einfach dann auch gewisser, sage ich mal, Workflow und auch Mechanismen, die eingehalten werden müssen, damit diese Zugänglichkeit auch einfach gewährleistet ist an der Stelle.
[00:20:36] Doreen Siegfried:
Okay, ich habe mal das Argument gehört, wer sagt, dass Open Science zu viel Aufwand ist, der zeigt letztlich nur, dass er oder sie die entsprechenden Werkzeuge für Wissenschaft im digitalen Zeitalter einfach nicht bedienen kann. Das klingt natürlich etwas provokant. Was denkst du dazu?
[00:20:52] Guido Scherp:
Kann man machen, kann man sagen.
[00:20:53]
[beide lachen]
[00:20:53] Guido Scherp:
An der Stelle, um provokant zu sein. Gut, man muss natürlich, natürlich sagen, also es gibt ja eigentlich zwei Aufwände. Das eine ist natürlich der Aufwand, sich erst mal überhaupt diese Skills anzueignen dann an der Stelle. Und dann, wenn man die Werkzeuge bedienen kann, sage ich mal, hat man immer noch den Aufwand der Anwendung an der Stelle.
[00:21:17] Doreen Siegfried:
Ja, dann muss man sie auch bedienen.
[00:21:18] Guido Scherp:
So, man muss natürlich dann auch das Ding bedienen. Also ich sage mal, also wenn ich gelernt habe, ein Auto zu fahren, so, dann kann ich fünf Minuten am Tag fahren oder auch fünf Stunden am Tag, je nachdem was ich mache an der Stelle. Und je nachdem liegt das dann so ein bisschen Aufwand und Nutzen natürlich auch, hat da eine gewisse Korrelation. Natürlich die Hürde ist natürlich größer, wenn man, wenn man bei Null anfängt an der Stelle. Was aber einfach wichtig ist, was wir auch gerade schon gesagt haben, ist, es lohnt sich einfach diese Skills zu erlernen einfach an der Stelle. Man hat unheimlich viele Vorteile, das ist man wächst in einer digitalen Umgebung auf. Und man kann sie gewinnbringend für sich an vielen Stellen nutzen. Nicht nur für Open Science, letztlich, sondern auch generell für die allgemeine Art und Weise der wissenschaftlichen Zusammenarbeit so an der Stelle. Und es ist, es lohnt sich, dort zu investieren [lacht], sich damit zu beschäftigen und wird davon profitieren in Zukunft einfach.
[00:22:22] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Welche Rolle spielen denn Vorbilder, Role Models? Leute, die ja Lust haben, andere Leute mitzuziehen oder auch einfach durch ihr Tun andere Leute mitziehen. Findest du es wichtig oder sagst du, na ja, das ist eigentlich unerheblich?
[00:22:41] Guido Scherp:
Also das ist eigentlich extrem wichtig.
[00:22:44] Doreen Siegfried:
Okay.
[00:22:44] Guido Scherp:
Also, gut, man muss ja sagen, ich also wenn ich beispielsweise mit Wiwi-Forschenden spreche, so ich bin jetzt selbst kein Wiwi-Forschender, das ist kein Gespräch unter Forscherkollegen, sondern ich bin hier jemand von der ZBW. Ich bin Informatiker und habe großes Interesse, denen was über Open Science zu erzählen, denen das zu erklären, die Hintergründe und auch so ein bisschen dann versuchen, also in eine Art Dialog zu gehen, dann so ein bisschen dann. Ein Dialog, in dem ich mich mal so ein bisschen austausche und halt schaue, so wie ist so die Resonanz an der Stelle. Oder vielleicht erzählt noch jemand mal ein bisschen, wie so die eigene Forschung betrieben wird, um mal so ein bisschen zu gucken so, wo sind vielleicht Anknüpfungspunkte, wo man einfach mal ansetzen kann an der Stelle dann. Wenn ich aber natürlich dann so ein, sag ich mal, so auf bestehende, sag ich mal, ja, Forschende, die das schon sichtbar gemacht haben, an der Stelle verweisen kann, die aus der Community kommen, das ist natürlich immer viel, viel besser. Oder auch, dass man sagt, guck mal, da hat sich schon genau in dem Bereich haben sich mal irgendwelche Spezialist:innen mal zusammengetan und haben so eine Community of Practice gebildet, um einfach mal in irgendeinem Bereich, da mal sehr stark so das Thema auch mal in der Praxis ausprobiert zu haben und vorangebracht zu haben. Also im Endeffekt ist es so, dass letztlich natürlich das Ziel sein muss oder dass dann das, denn ich sage mal, diese ganzen Vorreiter auch selbst zu, ich nenne das mal, Open Science-Nudger werden dann am Ende dann. So dass die natürlich das dann mittragen und auch dann an die, an ihre Kolleginnen und Kollegen einfach weitergeben. Weil ich denke, das hat natürlich dann auch mal noch eine andere Signalwirkung, wenn das quasi innerhalb der eigenen Community dann auch einfach dann mal diskutiert wird.
[00:24:32] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Also das heißt, wenn es, wenn es sozusagen in meinem, in meiner Disziplin oder in meiner, in meinem Bereich – Wirtschaftswissenschaften ist ja ein weites Feld – wenn es da so Leute gibt, die super Forschung machen, innovativ total inspirierende Forschung und dann auch noch Open Science, dann hat man im Prinzip den Jackpot und das super Vorbild.
[00:24:57] Guido Scherp:
So sieht’s aus.
[00:24:58] Doreen Siegfried:
So sieht‘s aus. Sehr gut, okay. Was hältst du davon, Open Science sozusagen so als Default-Einstellung zu etablieren, so dass die Forschenden argumentieren müssen, wenn sie sozusagen punktuell nicht umsetzen? Wenn man in einem Forschungsbereich, also es ist ja in einigen Sonderforschungsbereichen ja auch Usus, dass es heißt, okay, es gibt hier ein Open Science-Leitbild und wenn Leute irgendwelche Sachen nicht öffentlich machen, dass sie dann wirklich sich da vor ihrer Gruppe legitimieren müssen. Würdest du sagen, das ist ein guter Weg oder geht das zu weit?
[00:25:32] Guido Scherp:
Nein, es ist eigentlich der Weg, den man gehen muss am Ende. So. Die Frage ist letztlich an der Stelle, du hast ja schon gesagt, das wird ja auch teilweise auch praktiziert oder auch eingefordert dann an der Stelle, dass das dann auch beispielsweise auch bei Fördergebern in irgendeiner Form, muss man da dann irgendwie da was „abgeben“. Die Frage ist halt letztlich, wie einfach es einem noch gemacht wird, closed zu verargumentieren dann. Also so dass, so quasi kommt man da noch möglichst einfach aus der Nummer raus oder muss man da, sag ich mal, schon wirklich handfeste Argumente haben an der Stelle. Oder auch letztlich die Frage ist natürlich damit verbunden, was mir noch nicht so ganz klar ist einfach an der Stelle: was passiert denn wirklich, wenn jemand der, sage ich mal, gegen diese Regeln verstößt dann. Gibt es dann Konsequenzen? Das sind für mich noch so ein paar Fragezeichen. Ich sag mal, wenn man Regeln aufstellt, müssen sie natürlich dann am Ende auch Konsequenzen haben, wenn man sie nicht einhält. Das ist natürlich wichtig. Aber einfach ist einfach die alleinige Umkehr, sag ich mal, verändert ja auch schon die Betrachtungsweise, dass man jetzt einfach nicht sagen kann, „Ja, wenn ich nur Lust habe, mache ich das open, muss ich ja nicht.“ Sondern, dass man sich einfach damit auch auseinandersetzt und einfach frühzeitig. So, da ich muss mich damit auseinandersetzen und vielleicht entdecke ich dabei ja auch: „Ja, ist doch auch voll gut. Mache ich mit. Das lohnt sich ja“. Und als einfach, entsprechend einfach sagt, man hat da auch einfach eine Signalwirkung, die dann auch einfach aufgegriffen wird.
[00:27:05] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Und in diesem Kontext was denkst du über Standards? Also im Sinne von Codebooks, Datendokumentationen und ähnliches? Also, ist es sinnvoll, mit Standards zu arbeiten oder ist das zu viel Overhead im Sinne von zu viel Bürokratisierung?
[00:27:20] Guido Scherp:
Ja. Also letztlich also Standards sind immer immens wichtig, in allen Bereichen. Man muss halt eine gemeinsame Basis definieren, auf der man arbeitet. Sagen wir mal, ich sag mal, wenn jetzt jeder, wenn jetzt alle machen, was sie wollen und ich sag mal, inkompatible Datenformate verwenden, die Daten nicht konsistent miteinander beschreiben. Also das führt am Ende ja zu mehr Overhead. So also, also wenn es am Anfang vielleicht ein bisschen Overhead erzeugt, man hat dann aber am Ende nicht mehr. Und vor allen Dingen, vor allen Dingen ist es am Ende vielleicht sogar noch viel mehr Overhead. Letztlich muss man das auch letztlich damit verknüpfen, dass, ich sag mal, ist das immer Teil oder Aufgabe einer gewissen Community. Jetzt kann es eine große oder kleine Community sein, ist letztlich egal, wie groß so eine Community gedacht wird. Man muss halt letztlich immer so eine gewisse, sich für sich gewisse Norm festlegen. Was sind so unsere gemeinsamen Grundsätze wissenschaftliches Arbeiten einfach dann und in dieser Norm sollte letztlich auch Open Science letztlich dann umfasst werden. Also quasi welche Rolle spielt, sag ich mal, Open Science unter wissenschaftliches Arbeiten und welche Standards wollen wir eigentlich definieren, was so in der alltäglichen Praxis eigentlich gelebt werden muss?
[00:28:39] Doreen Siegfried:
Ja, okay. Wie kann ich dann deines Erachtens Wissenschaftler:innen am besten enabeln? Also da sind wir wieder bei der Frage, erkläre ich konkrete Tools wie „Guck mal, so geht GitHub, dann klickst du hier. AsPredicted.org, das funktioniert so und dann kann man hier klicken und da kann man sich einloggen.“ So, wirklich so, die Leute an die Hand „Nimm Open Science Framework als Tool“ und so weiter und so weiter, da gibt es ja ganz viele. Oder schaffe ich ein Netzwerk von Expertinnen und Experten, wo die Leute sich dann im Moment, wo sie es dann tatsächlich brauchen, im Notfall hinwenden können?
[00:29:20] Guido Scherp:
Ja, beides letztlich. Also wichtig ist, ich glaube einfach, für den ersten Einstieg muss man, sollte man relativ konkret und auch praxisnah einfach anfangen. Also wenn jemand beispielsweise schon angefangen hat, ich sage mal, sich mit so ein bisschen Programmierung auseinander zu setzen, Analyseskripte baut an der Stelle und sich sagt, „Ja, ach, wie verwalte ich das eigentlich am besten, wie kann ich das anderen zur Verfügung stellen?“. Dann ist natürlich interessant, da mal so einen GitHub-Kurs zu geben an der Stelle so. Einfach auch, dass auch dieses Thema, dass man schaut, okay, wir fangen wir mal bei den Basis Skills an der Stelle und man fängt klein an. Und man fängt ja dann auch beim Klavierspielen erst mit ein paar Noten an und irgendwann kann man das alles links, rechts dann runter rattern an der Stelle. Da ist natürlich auch wichtig, dass die Leute natürlich auch enger an die Hand genommen werden dann an der Stelle. Dass man da dann auch in Form von konzentrierten Kursen dann auch selbst was machen lässt und da mal so ein bisschen.
[00:30:22] Doreen Siegfried:
Dass sie sozusagen auch schnell merken, dass es da Lerneffekte gibt.
[00:30:26] Guido Scherp:
Dann ist natürlich wichtig, damit man den Faden nicht verliert, dann an der Stelle, dass wenn die sagen, okay, ich würde mich jetzt mehr befassen und dass man natürlich dann weiß, okay, oder auch selbst dafür sorgt, dass man halt einen Austausch mit anderen hat, die genau dasselbe machen an der Stelle. Dass man halt, sage ich mal, das kann sein, dass das im Idealfall vielleicht sogar auch schafft, dass man lokal an der Universität beispielsweise so eine Art Community of Practice aufbaut oder vielleicht auch sogar, dass angeboten wird, dass es da regelmäßig Austauschformate gibt, sodass man dann auch in der täglichen Praxis dann entsprechend auch Personen hat, mit dem man sich dann auch einfach austauschen kann und das weiterentwickeln kann.
[00:31:06] Doreen Siegfried:
Ja, wo man sozusagen auch einen geschützten Raum hat.
[00:31:06] Guido Scherp:
Ja.
[00:31:07] Doreen Siegfried:
Und auch mal sagt, ich habe hier mal was probiert und nicht das Gesicht verliert, wenn es total falsch war. Ja, okay. Welche Rolle spielt im Kontext von Open Science Nudging, dass ich als Wissenschaftler/Wissenschaftlerin nicht nur meine Daten teile, sondern auch, dass ich möglichst inspirierende Forschung mache? Also dass ich sozusagen Forschung mache, auf die andere auch Lust haben, sie nachzunutzen und andocken wollen?
[00:31:37] Guido Scherp:
Na ja, also erst mal, ich sag mal, was inspirierende Forschung ist, das ist wahrscheinlich eher subjektiv. Also, ich weiß nicht, ob das, was jetzt Mathematiker machen, es ist für die wahrscheinlich sehr inspirierend, aber es gibt vielleicht andere Communities, die das nicht so inspirierend finden. Letztlich ist es, glaube ich einfach, dass man sagt, dass es wichtig ist, dass sichtbare und auch vor allem zugängliche Forschung, das dient halt auch der Nachnutzbarkeit an der Stelle dann. Und ich sag mal, je besser man es oder je nachnutzbarer, wie auch immer man das umsetzt, man etwas aufbereitet an der Stelle und sage ich mal auch einen gewissen Bedarf. Also beispielsweise, wenn man es geschafft hat, einen ziemlich guten Datensatz aufzustellen, der jetzt total interessant ist für andere Leute, dann nehmen die das natürlich gerne an, wenn er gut aufbereitet ist an der Stelle. Also, ist klar. Wenn es natürlich in irgendeiner Form aktuell eine Relevanz hat und Bedarf, so dass man vielleicht auch den Datensatz hat, den es noch nicht gibt an der Stelle, dass das natürlich dann auch entsprechend dann auch sicherlich aufgegriffen wird. Und ich sage mal, je einfacher das ist, diesen Datensatz wiederzuverwenden, also wenn das alles sauber beschrieben ist, das top gepflegt, man weiß, okay, das ist wirklich super gemacht an der Stelle und es gibt eine klare Lizenz, unter welchen Bedingungen ich das verwenden kann. Wenn das alles geregelt ist, dann ist natürlich so die Hürde, das nachzunutzen wahrscheinlich auch sehr einfach dann geringer. Wichtig ist halt einfach, dass das so ein bisschen, ich sag mal, ich freue mich natürlich, wenn andere meine Sachen nachnutzen. Aber ich hätte natürlich auch gerne, dass das sich irgendwann in Credits auszahlt. Also, dass beispielsweise, wenn der Datensatz sage ich mal, so publiziert ist, dass er eine DOI hat, dann ist es natürlich auch schön, wenn es zitiert wird und dass es in irgendeiner Form, denn da auch in irgendeiner Form Credits gibt. Oder ich merke beispielsweise okay so, dass total viele Leute finden meinen Datensatz spannend, jetzt kriege ich Kooperationsanfragen oder soll mich in Drittmittelprojektanträgen einbringen, sodass es denn da auch entsprechend dann auch ich, sage ich mal, dann auch sich irgendwann zurückzahlt.
[00:33:48] Doreen Siegfried:
Ja, dass das so ein Geben und Nehmen ist. Wie siehst du denn die Bestrebungen der Wissenschaftspolitik, Openess zu fördern? Da passiert ja relativ viel. Aber wie anachronistisch ist denn trotzdem immer noch der bestehende Fokus auf dem ja Abzählen von Publikationen?
[00:34:07] Guido Scherp:
Ja, also das ist, glaube ich noch weiter verbreitet, als man es vielleicht gerne hätte. Also ich würde jetzt mal nicht sagen, dass es also es ist nicht so, dass da jetzt keine Bewegung stattfindet an der Stelle. Und auch, dass beispielsweise wie jetzt neulich auf der EU-Ebene wird ja das ganze Thema der Forschungsbewertung, so gibt es wieder neuerliche Bestrebung da mal was in die Richtung mal das Thema weiter zu treiben, da vielleicht auch mal so ein bisschen so, ich sage mal Konsensfindung zu betreiben. Letztlich ist es so, was mir in Deutschland insbesondere so ein bisschen fehlt, ist so eine, doch eine übergreifende nationale Open Science-Strategie, an denen sich alle orientieren, an der Stelle. Ich glaube, es hat auch in anderen Ländern wie Frankreich oder auch die Niederlande unheimlich geholfen, dass das da, sage ich mal, so eine, wirklich so eine nationale Strategie gibt, an der dann man sich orientieren kann und die so ein bisschen dann auch mal so ein paar Ziele und auch Marschrichtungen einfach vorgibt an der Stelle. Das macht es sicherlich einfacher, als wenn das so ein bisschen, sage ich mal, so ein bisschen ja, so ein bisschen verteilter ist, wie das hier aktuell passiert.
[00:35:17] Doreen Siegfried:
Es sind sehr viele Player gerade unterwegs. Ja, das stimmt.
[00:35:20] Guido Scherp:
So, das wäre für mich glaube ich mal ein wichtiger Policy Schritt, um einfach mal so einen größeren Rahmen zu setzen dann an der Stelle dann.
[00:35:26] Doreen Siegfried:
Ja, okay. So, dann vielleicht vorletzte Frage, mal so ein bisschen Blick in die Zukunft. Wir holen mal so die große Open Science- Glaskugel raus, Guido, wann kommt die Multi Channel Strategie bei der Leistungsmessung? Also wo man sozusagen das Bereitstellen gut dokumentierter Datensätze eben dann auch mal genauso gut bewertet wie beispielsweise eine Publikation in Nature oder ähnlichen Top Journals.
[00:35:54] Guido Scherp:
Ja. Also, also Glaskugel ist immer gefährlich. Also ehrlich gesagt ist das, kann ich da, keine Ahnung. Die Frage ist ja auch an der Stelle spitzfindig gefragt, wann kommt die Strategie und wann kommt die Umsetzung?
[00:36:13] Doreen Siegfried:
Ja, okay.
[00:36:15] Guido Scherp:
An der Stelle. Und, also wie gesagt, es gibt da halt Bewegung, gerade schon so ein bisschen diese EU-Aktivitäten da betrachtet, wo es darum geht, dann auch mal so einen gemeinsamen Nenner an der Stelle zu finden. Also man muss sich auf eine Marschrichtung einigen und diese Marschrichtung dann implementieren. Und ich glaube nicht, dass das in den nächsten zehn Jahren, sage ich mal, auf dem Niveau ist, wie du es gerade beschrieben hast.
[00:36:37] Doreen Siegfried:
Okay. Also, es ist im Fluss. Ja, okay. Na gut, wenn unsere Hörerinnen und Hörer jetzt sagen okay, Open Science, ich habe schon viel drüber gehört, viel drüber gelesen, aber so richtig ist das Thema für mich noch nicht greifbar. Also was wären so deine drei Tipps so für die tägliche Praxis?
[00:36:58] Guido Scherp:
Ja, also genau drei?
[00:37:00] Doreen Siegfried:
Genau drei. Ja.
[00:37:02] Guido Scherp:
Also das erste ist – und das ist glaube ich auch, das liest man auch ganz viel an anderer Stelle, – ist einfach, dass man in kleinen, überschaubaren Schritten sich dem Thema einfach nähert, dem Thema nähert. Man hat die Prinzipien verstanden, man hat verstanden, warum das wichtig ist an der Stelle. Und wenn man das jetzt mal so ein bisschen runter bricht, muss man sich so kleine Schnipsel heraussuchen, in dem man dann anfängt. Das kann sein, dass man sich einfach mal „Oh, ich habe noch gar keine ORCID-ID, ist aber eigentlich wichtig so in dem Kontext oder ich befasse mich mal mit Datenpublikationen und wie…
[00:37:30] Doreen Siegfried:
Also wie beim Marathon letztlich?
[00:37:32] Guido Scherp:
… geht es dann eigentlich?“ Ja. Ja, genau.
[00:37:34] Doreen Siegfried:
Erstmal ziehen wir die Turnschuhe an.
[00:37:34] Guido Scherp:
Genau das ist ein guter Vergleich. Nicht gleich den Marathon laufen, sonst bleibt man auf halber Strecke „liegen“. Und ich glaube auch wichtig ist, genau diese Analogie da nochmal aufzugreifen, ist also, man muss nicht irgendwie das Ziel haben, gleich 100 % oben zu sein. Also man kann, sage ich mal, auch, du hattest ja auch gerade gesagt, eine gewisse Kultur der Offenheit, auch in einem geschützteren Raum innerhalb der Universität beispielsweise, leben an der Stelle und da den Austausch und die Kollaboration und Kooperation einfach an der Stelle suchen. Also klein anfangen, dann und dann langsam voran arbeiten. Aber dann, wenn man dann weitermacht, dann wäre es glaube ich wichtig, dass man sich dann Mitstreiter:innen sucht an der Stelle und den Austausch einfach sucht. Gibt es irgendwo ein Netzwerk, gibt es lokal Unterstützung, gibt es dort Angebote? Gibt es dort schon andere Bereiche, die das machen? Also so ein bisschen mal so die Fühler offen halten an der Stelle. Wo kann ich mich denn jetzt auch mal austauschen, wo finde ich denn da?, um einfach mal so ein bisschen dann auch von anderen zu lernen oder auch meine Erfahrung einfach weiterzugeben. Und das wäre schon der letzte Punkt, den ich gerade schon angesprochen habe, dass man auch einfach mal nach Unterstützungsmöglichkeiten guckt, oder sie auch einfordert an der Stelle dann. Wie gesagt, an vielen Universitäten wird da beispielsweise gerade was aufgebaut. Vielleicht gibt es da schon Ansprechpersonen, da kann man mal hingehen und mal mit denen in Kontakt treten. Und letztlich auch an die Wiwis gerichtet: auch gerne mal beim Open Economics Guide, sehr eigennützig jetzt, mal vorbeischauen. Vielleicht gibt man, bekommt man dort auch mal auch Antworten zu den vielen Fragen, die man rund um Open Science hat.
[00:39:04] Doreen Siegfried:
Ja, wunderbar. Also am Ende noch ein kleiner Werbeblock Open Economics Guide. Wer wissen will, was das ist, was es damit auf sich hat, auf die Webseite schauen oder sich die Podcastfolge mit Birgit Fingerle angucken, anhören, nicht angucken. Okay, ja, vielen Dank Guido. Das war sehr interessant. Vielen Dank auch da draußen. Ich hoffe, es hat ihn gefallen, Sie haben ein paar Inspirationen mitgenommen. Lassen Sie uns gerne Feedback da. Abonnieren Sie uns fleißig auf iTunes, auf Spotify, überall, wo man Podcasts bekommt. Ich freue mich aufs nächste Mal.